Erkennung von Abstoßungsreaktionen nach Herztransplantation: Kann PET-Bildgebung eine Alternative sein?
Bei Patienten mit einer schweren Herzschwäche (terminale Herzinsuffizienz) bleibt oft nur noch die Herztransplantation als letzte therapeutische Option. Im Jahr 2023 wurden laut der Deutschen Stiftung Organtransplantation 330 solcher Organverpflanzungen durchgeführt. Trotz medizinischer Fortschritte bleibt die Abstoßung (Rejektion) des Transplantats eine der größten Herausforderungen in der Nachsorge. Sowohl akute als auch chronische Abstoßungsreaktionen beeinträchtigen die Funktion des Spenderherzens, was eine besonders enge Kontrolle erforderlich macht.
Die Diagnostik beruht insbesondere auf der Endomyokardbiopsie (EMB), bei der Gewebeproben aus der rechten Herzkammer (Ventrikel) entnommen werden. Ergänzt durch die Echokardiographie, die Kardio-MRT und Labordiagnostik erhalten Ärzte wichtige Informationen zur frühzeitigen Erkennung einer Abstoßung. Die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) spielt in der klinischen Praxis derzeit zwar noch keine maßgebliche Rolle, als nicht-invasive Methode genießt sie im Rahmen von Forschungsarbeiten rund um die Transplantationsnachsorge aber wachsende Aufmerksamkeit.
Warum kann eine Abstoßungsreaktion nach einer Herztransplantation auftreten?
Wichtige Fakten auf einen Blick:
- Das Immunsystem erkennt das transplantierte Herz als fremd und aktiviert daraufhin Abwehrmechanismen.
- Es können unterschiedliche Abstoßungsreaktionen einzeln oder zusammen auftreten.
- Die Früherkennung ist entscheidend, um irreversible Schäden zu vermeiden.
Die Abstoßung nach einer Transplantation kann auf verschiedene Ursachen zurückgehen. Eine akute zelluläre Abstoßung (ACR, Acute Cellular Rejection) entsteht durch die Aktivierung des Immunsystems des Organempfängers gegen Gewebestrukturen des Spenderorgans. T-Lymphozyten erkennen die HLA-Merkmale (Human Leukocyte Antigen) des Transplantats als fremd (Antigene sind körperfremde Stoffe bzw. organische Verbindungen). Durch die in der Folge eingewanderten Lymphozyten werden Herzmuskelzellen geschädigt. Bei ausgeprägten Reaktionen können Myokardnekrosen entstehen. Unbehandelt kann eine schwere akute Abstoßung daher innerhalb kurzer Zeit zu einer kritischen Funktionseinschränkung des Transplantats führen.
Humorale Abstoßung (AMR)
Die antikörpervermittelte Abstoßung (Antibody-Mediated Rejection, AMR) wird durch spenderspezifische Antikörper (Donor-Specific Antibodies, DSA) gegen HLA-Antigene des Transplantats ausgelöst. Diese – vom Immunsystem des Empfängers produzierten Antikörper (Bestandteile des Transplantats werden als Fremdkörper von B-Zellen erkannt, die wiederum die Antikörperbildung initiieren) – binden an Endothelzellen (Auskleidung der Gefäße) der myokardialen Kapillaren und aktivieren Immunreaktionen, was zu Endothelschäden und mikrovaskulären Entzündungen führt.
Histologisch ist die AMR durch kapilläre Ablagerungen sogenannter „Komplementfaktoren“ (spezifische Proteine des Immunsystems) und Makrophagen (Fresszellen) in den Gefäßwänden zu erkennen. Die frühe Diagnose ist wichtig, da die AMR eine spezifische therapeutische Intervention erfordert.
Chronische Abstoßung (CAV)
Die Transplantatvaskulopathie (Cardiac Allograft Vasculopathy, CAV) stellt die chronische Form der Abstoßung dar und entwickelt sich über Monate bis Jahre. Sie ist gekennzeichnet durch eine diffuse konzentrische Verdickung der Gefäßintima (innerste Schicht der Gefäßwand) in den äußeren und in der Herzwand liegenden Gefäßen des Herzens. In der Entwicklung spielen sowohl immunologische als auch nicht-immunologische Faktoren eine Rolle.
Es kommt unter anderem zur Vermehrung und dem Wachstum glatter Muskelzellen (Proliferation) und Fibrosierung der Gefäßwand, was eine fortschreitende Verengung des Querschnitts der Gefäße nach sich zieht. Ein mit der CAV verbundenes Problem ist die Denervierung des transplantierten Herzens (operationstechnische Folge der Transplantation), da hierdurch typische Angina-pectoris-Symptomatiken verhindert werden und der Verlauf bis zum Auftreten schwerwiegender Komplikationen asymptomatisch ist.
Welches Verfahren ist der Standard zur Erkennung von Abstoßungsreaktionen nach einer Herztransplantation?
Wichtige Fakten auf einen Blick:
- Die Endomyokardbiopsie ist nach wie vor der Standard in der Rejektionsdiagnostik.
- Nicht-invasive Verfahren bieten sich bei einigen Fragestellungen als Alternative an.
- Laboruntersuchungen zeigen oft erste Veränderungen in zentralen Biomarkern.
Eine möglichst frühe Erkennung der Abstoßungsreaktionen ist für den Erfolg einer Herztransplantation von entscheidender Bedeutung. Im Anfangsstadium ist die Anpassung der Immunsuppression oft eine erfolgreiche Behandlungsmaßnahme, ohne dass permanente Schäden am Transplantat entstehen. Nicht oder zu spät erkannte Abstoßungen führen hingegen zu irreversiblen myokardialen Schädigungen.
Folgende Verfahren können im Rahmen der Diagnostik zum Einsatz kommen:
- Elektrokardiogramm (EKG): Das EKG gilt entsprechend der Leitlinien als unerlässlich in der Diagnostik. Kommt es zu neu auftretenden Herzrhythmusstörungen oder einem Voltageabfall um mehr als 20 Prozent gegenüber dem EKG vor der Transplantation, begründet dies den Verdacht auf eine Abstoßungsreaktion.
- Kardiale Biomarker: Verschiedene Marker, die durch Blutuntersuchungen in der Labordiagnostik betrachtet werden können, ermöglichen Einschätzungen bezüglich der Herzgesundheit. Dazu gehören BNP (Brain Natriuretic Peptide), NT-proBNP (N-Terminal pro-B-Type Natriuretic Peptide), Troponin T oder Troponin I und die Nierenwerte. Ungewöhnliche Werte, die auf eine Rejektion hindeuten, müssen unbedingt zur Abklärung bzw. Bewertung möglicher Therapieschritte an das Transplantationszentrum weitergeleitet werden.
- Endomyokardbiopsie (EMB): Es handelt sich um ein invasives Verfahren, das sich zu einer zentralen Methode zur Erkennung von Abstoßungsreaktionen entwickelt hat. Dabei wird ein spezieller Katheter zur Entnahme von Herzmuskelgewebeproben (Biotom) unter Bildkontrolle – mittels Röntgen oder Ultraschall (Sonographie) – über einen Venenzugang zum rechten Ventrikel vorgeschoben, um dort mehrere kleine Gewebeproben aus der Trennwand zwischen den Herzkammern (interventrikuläres Septum) zu entnehmen. Die Proben werden anschließend histopathologisch beurteilt, um die Abstoßung zu bewerten. Trotz ihrer Verbreitung hat die Methode Nachteile, wie das Komplikationsrisiko, die Interobserver-Variabilität (verschiedene Betrachter bewerten den Befund anders) und Sampling-Fehler (der räumliche Fokus kann zu falsch-negativen Ergebnissen führen, wenn kritische Areale nicht erfasst werden).
- Echokardiographie: Mit der transthorakalen Ultraschalluntersuchung (Schallkopf liegt auf dem Brustkorb) steht ein nicht-invasives Screening-Verfahren zur Verfügung, das in vielen Praxen – zum Beispiel bei Kardiologen – verfügbar ist. Mit ihr ist eine Beurteilung der linksventrikulären Ejektionsfraktion (Auswurfleistung des Herzens), von Wandbewegungsstörungen und der diastolischen Funktionsparameter möglich. Zum Beispiel kann eine Abnahme der Ejektionsfraktion um eine gewisse Rate auf eine Abstoßung des transplantierten Herzens hinweisen. Das Problem besteht dabei darin, dass die initiale Phase der Abstoßung bereits überschritten sein kann.
- Kardio-MRT: Mit einer Magnetresonanztomographie des Herzens (Kardio-MRT) ist eine umfassende strukturelle und funktionelle Beurteilung des Transplantats möglich. Unter anderem können mit T2-gewichteten Sequenzen myokardiale Ödeme abgebildet werden, die als Anzeichen akuter Entzündungsprozesse gelten. Das Late Gadolinium Enhancement (LGE, Verteilungsmuster des MRT-Kontrastmittels) kann Fibrosierungen und Narbenareale abbilden, die auf eine myokardiale Schädigung hindeuten. Allerdings limitiert sich die Anwendung der Kardio-MRT durch die eingeschränkte Verfügbarkeit sowie Kontraindikationen bei bestimmten (älteren, nicht MRT-tauglichen) Schrittmachersystemen. Bei Patienten mit Niereninsuffizienz kommt die Notwendigkeit der Kontrastmittelgabe als weiteres Problem hinzu.
Neben den radiologischen Verfahren bietet die Nuklearmedizin mittels SPECT und der Myokardperfusionsszinitgraphie Optionen zur Abbildung regionaler Durchblutungsdefizite, die allerdings in ihrer Aussagekraft durch ihre Sensitivität begrenzt sind. Hinzu kommt, dass der Patient im Fall wiederholter Untersuchungen mehrfach einer Strahlenquelle ausgesetzt ist.
Die PET-Bildgebung bei Verdacht auf Abstoßung des transplantierten Herzens
Wichtige Fakten auf einen Blick:
- Mit der PET können unter Verwendung geeigneter Tracer einige der immunologisch relevanten Reaktionen dargestellt werden.
- Aktuell fehlt es der PET aber an einer ausreichend hohen Sensitivität.
- Zu den Limitationen gehört der hohe Untersuchungsaufwand bei der PET.
Die PET bietet der Medizin – unter anderem in der Entzündungsdiagnostik – Vorteile. Hinsichtlich der Untersuchung auf Abstoßungsreaktionen spielt das Verfahren als primärer Ansatz allerdings keine Rolle. Ein Grund ist die fehlende Spezifität, da mittels FDG-PET (18F-Fluordesoxyglukose bzw. FDG, ein Glukoseanalogon als ein radioaktiver Tracer in der Nuklearmedizin) zwar wichtige Hinweise auf das Vorliegen von inflammatorischen Prozessen gewonnen werden, eine Abgrenzung verschiedener Abstoßungsreaktionen aber nicht möglich ist [1].
Gleichwohl beschäftigt sich die Forschung intensiv mit möglichen Ansätzen und untersucht, wie sich durch eine Anpassung der Tracer (radioaktiv markierte Verbindungen) genauere Aussagen erreichen lassen. Diese gehen in ihrer Spezifität in Studien weiter als die Untersuchung mit 18F-Fluordesoxyglukose (FDG, Glukoseanalogon). Zu getesteten Tracern gehören das TSPO-Tracer (Translocator Protein, spielt bei der Aktivierung von Mikroglia-Immunzellen und Makrophagen eine Rolle), die an das Protein binden [2]. Mit diesen Tracern könnte demnach eine höhere Spezifität im Hinblick auf Entzündungsprozesse erreicht werden. Ein weiterer Ansatz könnte in einem stärkeren Fokus auf immunspezifische PET-Tracer liegen, die zum Beispiel an Aktivierungsmarker für T-Zellen binden.
Erschwerend kommen hinsichtlich der Anwendung der PET die Unterschiede zwischen akuten und chronischen Abstoßungsreaktionen hinzu. Zwar lassen einige Studien für die FDG-PET bei akuter Abstoßung eine erhöhte myokardiale FDG-Bindung erkennen [3]. Allerdings sind diese Prozesse nicht nur auf eine Abstoßung beschränkt, sondern können auch bei Infektionen oder im Zusammenhang mit ischämischen Ereignissen erfolgen.
Bessere Ergebnisse zeigen Studien im Zusammenhang mit chronischen Abstoßungsreaktionen. Dabei deutet sich eine Korrelation zwischen einer abnehmenden Myokard-Flussreserve (MFR) und der Abstoßung an [4]. Neben der MFR scheint auch der Stress-Myokardblutfluss Hinweise auf das Vorhandensein einer Abstoßungsreaktion zu liefern.
Grenzen der PET in der Transplantatnachsorge
In Bezug auf die Abstoßungsdiagnostik bestehen bei der PET-Bildgebung Einschränkungen, die einer breiten klinischen Implementierung bisher entgegenstehen. Ein zentrales Problem ist die fehlende Möglichkeit der histologischen Differenzierung. Zwar können mit dem Verfahren metabolische oder perfusionsbasierte Veränderungen abgebildet werden, ohne weitere Untersuchungen ist jedoch keine Unterscheidung zwischen den verschiedenen Abstoßungsformen oder anderen pathologischen Prozessen möglich ist.
Eine weitere Hürde ist die Infrastruktur, da PET-Scanner nicht flächendeckend verfügbar sind und die Herstellung von Isotopen mit kurzer Halbwertzeit ein Zyklotron vor Ort erforderlich macht. Diese Aspekte führen dazu, dass die Untersuchung kostenintensiv und zeitaufwendig ist. Zudem müssen Patienten für die Anwendung einiger Verfahren spezielle Vorbereitungen durchlaufen. Schließlich ist gerade bei der Rejektionsnachsorge zu beachten, dass der Patient aufgrund der regelmäßig durchzuführenden Untersuchungen einer Strahlenbelastung ausgesetzt ist, auch wenn diese bei der PET eher moderat ausfällt.
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Fazit: Die PET spielt in der Abstoßungsdiagnostik aktuell keine Rolle
Nach einer Herztransplantation müssen Patienten engmaschig betreut werden – um eine beginnende Abstoßung des Transplantats schnell erkennen und Therapieanpassungen einleiten zu können. Aktuell spielen im Screening Veränderungen im EKG oder bei den zentralen Herzlaborwerten eine wichtige Rolle, die bei Auffälligkeiten eine Myokardbiopsie nach sich ziehen. Die PET ist zwar in der Lage, mittels FDG-Untersuchungen Entzündungsreaktionen darzustellen und korreliert in Studien mit erkennbaren Abstoßungen. Aufgrund der Einschränkungen und Limitationen in der Befundung spielt sie derzeit in der Diagnostik aber keine zentrale Rolle.
FAQ zu bildgebenden Verfahren in der Abstoßungsdiagnostik nach einer Herztransplantation: Die wichtigsten Fragen und Antworten
Warum kann die PET eine Rejektion nicht sicher anzeigen?
Die PET zielt im Wesentlichen auf die Darstellung funktioneller und metabolischer Aspekte ab. Für verschiedene Fragestellungen sind diese Informationen hilfreich, lassen aber unterschiedliche Interpretationen zu, da zum Beispiel eine Entzündungsreaktion bei verschiedenen Differenzialdiagnosen auftreten kann.
Wie lange muss ein Patient nach der Herztransplantation betreut werden?
Nach einer Herztransplantation ist eine lebenslange Betreuung erforderlich. Die Nachsorgeintervalle sind anfangs sehr engmaschig angelegt und werden später weiter ausgedehnt (bis hin zu jährlichen Kontrollen). Die Immunsuppression und regelmäßige Überwachung auf Abstoßungsreaktionen sowie Komplikationen bleiben über die gesamte Nachsorge hinweg erforderlich.
Wie schnell kann die Abstoßung eines transplantierten Herzens fortschreiten?
Die Geschwindigkeit der Abstoßung variiert je nach Form. Bei einer besonders akuten Rejektion kann sich das Geschehen über einige Stunden erstrecken, während sich eine zelluläre Abstoßung meist innerhalb von Tagen oder Wochen entwickelt. Die CAV hat mit Monaten bis Jahren den längsten Zeithorizont.
[1] Daly KP, Dearling JL, Seto T, Dunning P, Fahey F, Packard AB, Briscoe DM. Use of [18F]FDG Positron Emission Tomography to Monitor the Development of Cardiac Allograft Rejection. Transplantation. 2015 Sep;99(9):e132-9. doi: 10.1097/TP.0000000000000618. PMID: 25675207; PMCID: PMC4532643.
[2] Kashiyama N, Miyagawa S, Fukushima S, Kawamura T, Kawamura A, Yoshida S, Harada A, Watabe T, Kanai Y, Toda K, Hatazawa J, Sawa Y. Development of PET Imaging to Visualize Activated Macrophages Accumulated in the Transplanted iPSc-Derived Cardiac Myocytes of Allogeneic Origin for Detecting the Immune Rejection of Allogeneic Cell Transplants in Mice. PLoS One. 2016 Dec 8;11(12):e0165748. doi: 10.1371/journal.pone.0165748. PMID: 27930666; PMCID: PMC5145152.
[3] Dar O, Dulay MS, Riesgo-Gil F, Morley-Smith A, Brookes P, Lyster H, Rice A, Underwood SR, Dunning J, Wechalekar K. Cardiac transplant rejection assessment with 18F-FDG PET-CT: initial single-centre experience for diagnosis and management. EJNMMI Rep. 2024 Apr 19;8(1):9. doi: 10.1186/s41824-024-00191-y. PMID: 38748095; PMCID: PMC11026309.
[4] Chih S, Tavoosi A, Nair V, Chong AY, Džavík V, Aleksova N, So DY, deKemp RA, Amara I, Wells GA, Bernick J, Overgaard CB, Celiker-Guler E, Mielniczuk LM, Stadnick E, McGuinty C, Ross HJ, Beanlands RSB. Cardiac PET Myocardial Blood Flow Quantification Assessment of Early Cardiac Allograft Vasculopathy. JACC Cardiovasc Imaging. 2024 Jun;17(6):642-655. doi: 10.1016/j.jcmg.2023.10.003. Epub 2023 Nov 22. PMID: 37999656.