Schilddrüsenerkrankungen behandeln mit Nuklearmedizin
Die Schilddrüse übernimmt für den Stoffwechsel und Kreislauf zentrale Funktionen, da sie essentielle Hormone produziert. Diese steuern verschiedene Körperfunktionen, weshalb sich Störungen der Schilddrüsenfunktion durch eine breite Palette von Symptomen bemerkbar machen. Neben der Hyperthyreose (Überfunktion) und der Hypothyreose (Unterfunktion) gibt es in der Medizin ein breites Spektrum an Erkrankungen der Schilddrüse, einschließlich maligner Formen.
Sowohl hinsichtlich der Diagnose als auch der Therapie nutzt die Nuklearmedizin heute unterschiedliche Ansätze. Die Radiojodtherapie und spezielle bildgebende Verfahren wie die Szintigraphie versetzen die Medizin in die Lage, mit den verschiedenen Erkrankungen der Schilddrüse umzugehen.

Welche Schilddrüsenerkrankungen treten auf?
Wichtige Fakten auf einen Blick:
- Die Schilddrüse produziert Hormone, die Stoffwechsel und Kreislauf beeinflussen.
- Erkrankungen führen zu Über- oder Unterfunktion.
- Die Ursachen sind in der Regel vielschichtig.
Schilddrüsenerkrankungen erfassen verschiedene Pathologien, die mit Funktionsstörungen und strukturellen Veränderungen der Schilddrüse verbunden sind.
Die Schilddrüse, ein schmetterlingsförmiges Organ im vorderen Halsbereich, produziert unter anderem folgende Hormone:
- Thyroxin (T4);
- Triiodthyronin (T3);
- Thyronamine.
Schilddrüsenerkrankungen sind eine in der Medizin häufig auftretende endokrine Störung und betreffen Schätzungen zufolge einen von drei Erwachsenen.
Besonders verbreitet sind:
- Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose): übermäßige Produktion der Schilddrüsenhormone.
- Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose): verminderte Hormonproduktion.
- Infektionen der Schilddrüse: Entzündungen oder bakterielle/virale Infektionen.
- Struma: Vergrößerung der Schilddrüse über die altersspezifische Norm hinaus.
- Schilddrüsentumore: Neubildungen der Schilddrüse, die sowohl gutartig (benign) als auch bösartig (malign) sein können.
Hinsichtlich des Auftretens der Erkrankungen sind Frauen übrigens häufiger betroffen. Je nach Erkrankung der Schilddrüse ist der geschlechterspezifische Unterschied dabei sehr auffällig.
Auslöser und Risikofaktoren
Die Ursachen für das Entstehen von Schilddrüsenerkrankungen sind äußerst vielschichtig. Neben genetischen Faktoren, wie einer familiären Prädisposition (z. B. Häufung von Schilddrüsenerkrankungen wie Hashimoto-Thyreoiditis oder Morbus Basedow), kann eine Schilddrüsenpathologie auch durch hormonelle oder andere externe Einflüsse ausgelöst werden.
Beispielsweise beeinflussen Umweltfaktoren wie die Versorgung mit Jod das Auftreten von Schilddrüsenerkrankungen. Es ist der Medizin auch bekannt, dass die Schilddrüse auf Strahlung sensitiv reagiert. Studien beschäftigen sich regelmäßig mit diesem Zusammenhang. Das papilläre Schilddrüsenkarzinom ist einer der Tumore, der mit einer Strahlenexposition assoziiert wird [1]. Eine weitere Ursache für Erkrankungen der Schilddrüse sind Autoimmunerkrankungen. Fehlgeleitete Immunreaktionen führen dazu, dass das Immunsystem körpereigenes Gewebe wie die Schilddrüse angreift.
Symptome
Die Symptome der Schilddrüsenerkrankungen erstrecken sich über ein weites Spektrum. Gerade im Anfangsstadium sind sie teils unspezifisch und lassen sich nicht sofort zuordnen.
Typische Symptome für Schilddrüsenerkrankungen im Überblick:
- Müdigkeit und Abgeschlagenheit
- Unruhe und Schlaflosigkeit
- Gewichtsschwankungen
- Veränderungen des Herzrhythmus
- Konzentrationsprobleme und depressive Verstimmungen
- Veränderungen der Haut und Haare
Dabei unterscheiden sich die auftretenden Krankheitszeichen je nach Funktionsstörung. Während ein erhöhter Blutdruck und eine Gewichtsabnahme eher für eine Überfunktion sprechen, sind die Erschöpfung und ein verlangsamter Herzschlag für die Unterfunktion typisch.
Nuklearmedizin in der Schilddrüsendiagnostik
Wichtige Fakten auf einen Blick:
- Szintigraphie und SPECT als bildgebende Verfahren
- Nuklearmedizin erlaubt funktionelle Bewertung
- Kombination mit anderen Verfahren möglich
Mit der Nuklearmedizin stehen Ärzten heute präzise und spezialisierte Verfahren zur Verfügung, um Schilddrüsenerkrankungen zuverlässig zu diagnostizieren. Dabei kommen sowohl bildgebende als auch labordiagnostische Methoden zum Einsatz, die es ermöglichen, die Funktion und Struktur der Schilddrüse genau zu analysieren.
Die bildgebenden Verfahren umfassen die Szintigraphie und die Single Photon Emission Computed Tomography (SPECT) als funktionsdiagnostische Darstellung der Schilddrüse. Beide nutzen radioaktive Tracer, deren Strahlung sich mithilfe einer Gamma-Kamera detektieren lässt.
Aus den Verteilungsmustern der Tracer kann die Nuklearmedizin Rückschlüsse hinsichtlich einer Über- oder Unterfunktion der Schilddrüse ziehen. Als Tracer sind bevorzugt Technetium-99m oder Jod-123 im Einsatz. Dabei zeigt sich ein Areal mit einer Überfunktion als „heißer“ Bereich mit einer deutlich erhöhten Aktivität. Im Fall einer Unterfunktion sorgt das in der Funktion eingeschränkte Gewebe für ein „kaltes“ Areal.
Kombination von SPECT und CT
Die nuklearmedizinischen Verfahren lassen sich gut mit anderen diagnostischen Methoden kombinieren, um eine noch präzisere Diagnose zu ermöglichen. So kann beispielsweise die SPECT-Untersuchung mit einer Computertomographie (CT) kombiniert werden, um anatomische Details der Schilddrüse mit der funktionellen Bildgebung abzugleichen. Die CT liefert hochauflösende Bilder auf mehreren Ebenen, wodurch die anatomische Bewertung von Pathologien wesentlich verbessert wird. Zusätzlich kommt die Sonographie (Ultraschall) als strahlungsfreies Verfahren zum Einsatz, das dem Arzt schnelle und aussagekräftige Ergebnisse in Echtzeit liefert. Diese Kombination aus verschiedenen Verfahren ermöglicht eine exakte Diagnose und unterstützt die Therapieplanung.
Die nuklearmedizinischen Methoden werden unter anderem zur Lokalisation von Knoten oder Tumoren, zum Staging bei malignen Erkrankungen und zur Suche nach Metastasen eingesetzt. Auch in der Nachsorge von Schilddrüsenkrebs und zur Planung von Radiojodtherapien spielen sie eine zentrale Rolle. Die Labordiagnostik, insbesondere die Erhebung des Hormonstatus, wird ergänzend durchgeführt, um Hinweise auf Über- oder Unterfunktionen der Schilddrüse zu liefern. So entsteht in der fachübergreifenden Betreuung der Patienten ein umfassendes Bild der Schilddrüsengesundheit, das die Grundlage für eine präzise Diagnose und individuell abgestimmte Therapie darstellt.
Nuklearmedizinische Therapiemöglichkeiten
Wichtige Fakten auf einen Blick:
- Radiojodtherapie als wichtiges Verfahren in der Schilddrüsenbehandlung
- Einsatz von radioaktivem Jod
- minimalinvasive Therapie ohne Operation
Neben der Diagnostik bietet die Nuklearmedizin mit der Radiojodtherapie eine Behandlung für Schilddrüsenerkrankungen. Dabei kommt ein Radiopharmakon zum Einsatz, das von den kranken Schilddrüsenzellen aufgenommen wird und diese durch die lokal begrenzte Strahlung untergehen lässt. Ein Verfahren, das umliegendes Gewebe zu schonen versucht und gleichzeitig minimalinvasiv angewendet werden kann.
Die Nuklearmedizin macht sich hierbei zunutze, dass die Schilddrüse Jod selektiv aufnimmt. Diese Methode kommt bei einer Hyperthyreose, etwa im Zusammenhang mit Morbus Basedow, zur Reduktion überaktiver („heißer“) Knoten oder im Rahmen der Therapie von Schilddrüsenkrebs zum Einsatz.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass sich Patienten in der Vorbereitung an die Anweisungen ihres Arztes halten, um die Aufnahme des Radiopharmakons zu maximieren. Außerdem kann die Umstellung von Medikamenten, welche die Hormonproduktion beeinflussen, notwendig sein.
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Bedeutung und Grenzen der nuklearmedizinischen Verfahren
Wichtige Fakten auf einen Blick:
- Nuklearmedizin liefert wichtige Hinweise für Diagnose und Therapieplanung.
- Schwangerschaft ist eine Kontraindikation.
- Nicht alle Schilddrüsenerkrankungen sprechen auf die Radiojodtherapie an.
In der Diagnose und Therapie von Schilddrüsenerkrankungen nehmen nuklearmedizinische Verfahren eine zentrale Rolle ein. Sie bieten eine hohe Präzision in der Diagnostik. Neben der funktionellen Genauigkeit von Szintigraphie und SPECT/CT schafft die Kombination mit weiteren Verfahren die Grundlage für eine präzise Befundung.
Zusätzlich werden die Verfahren minimalinvasiv eingesetzt, was das Operationsrisiko verringert. Ein wichtiger Aspekt ist die zielgerichtete Wirkung, da Radiojod ausschließlich von Schilddrüsenzellen aufgenommen wird. Die Radiojodtherapie hat sich in den letzten Jahrzehnten als effektiver Behandlungsansatz bewährt.
Risiken und Kontraindikationen
Allerdings sind die nuklearmedizinischen Verfahren nicht pauschal für jeden Patienten die beste Methode. Einerseits ist in diesem Zusammenhang die Strahlenbelastung zu berücksichtigen. Diese birgt das Risiko der Entwicklung sekundärer hämatologischer Malignitäten (Leukämie) [2]. Aufgrund dessen muss der Einsatz nach Abwägung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses erfolgen.
Darüber hinaus gibt es verschiedene Risikogruppen, bei denen die Anwendung der Nuklearmedizin wie der Radiojodtherapie kontraindiziert ist. Dies trifft auf Schwangere und Stillende zu. Da diejenige Menge des radioaktiven Jods, die nicht von der Schilddrüse aufgenommen wird, über die Nieren zur Ausscheidung kommt, muss individuell auch die Nierenfunktion überprüft werden.
Grenzen der Nuklearmedizin bei Schilddrüsenerkrankungen
Neben der Tatsache, dass nicht alle Patientengruppen vorbehaltlos behandelt werden können, hat die Nuklearmedizin – in Form der Radiojodtherapie – auch Grenzen. Besonders dort, wo Tumore keine Jodaufnahmefähigkeit besitzen, wie zum Beispiel beim medullären oder undifferenzierten Schilddrüsenkarzinom, müssen alternative Therapieansätze in Betracht gezogen werden.
Dazu gehören die Operation – also die Entfernung der Schilddrüse und der benachbarten Lymphknoten – sowie die Chemotherapie. Verschiedene Studienautoren befassen sich intensiv mit der Frage nach wirksamen Wirkstoffkombinationen in der Chemotherapie, um die Prognose der Patienten zu verbessern [3]. Eine weitere Herausforderung stellen Tumorerkrankungen der Schilddrüse dar, bei denen es bereits zu einer umfassenden Metastasierung gekommen ist.
Fazit: Die Nuklearmedizin bietet präzise Methoden für Diagnostik und Behandlung
Im Zusammenhang mit Schilddrüsenerkrankungen denken viele Menschen zuerst an die Über- und Unterfunktion. Das Spektrum möglicher Pathologien reicht aber noch deutlich weiter und umfasst benigne wie auch maligne Erkrankungen. Neben der Labordiagnostik spielt in diesem Zusammenhang die Nuklearmedizin eine wichtige Rolle, da sie nicht nur präzise Methoden in der Diagnostik anbietet, sondern mit der Radiojodtherapie auch ein bewährtes Therapieverfahren bereitstellt.
FAQ zur Nuklearmedizin bei Schilddrüsenerkrankungen: Die wichtigsten Fragen und Antworten
Warum ist die Szintigraphie bei Schilddrüsenknoten wichtig?
Die Szintigraphie liefert wichtige Hinweise zur funktionellen Bewertung von Auffälligkeiten, beispielsweise bei der Unterscheidung zwischen „heißen“ und „kalten“ Knoten. Damit liefert die Methode Informationen zum weiteren Vorgehen und wird in die Therapieplanung eingebunden.
Wie hoch ist das Risiko der Radiojodtherapie?
In der Medizin wird Radiojodtherapie seit Jahrzehnten eingesetzt und heute unter Einhaltung hoher Standards durchgeführt. Das radioaktive Jod wird nur von Schilddrüsenzellen aufgenommen, was die Schädigung anderer Gewebearten vermeidet. Trotzdem bleiben durch die Strahlenexposition Risiken bestehen, über die in der Patientenaufklärung detailliert informiert wird.
Was ist bei der Vorbereitung auf eine nuklearmedizinische Behandlung zu beachten?
Die Vorbereitung variiert je nach Untersuchung bzw. Therapie. Eine jodarme Diät – um die Aufnahme des Radiopharmakons zu verbessern – oder die Anpassung der Medikamenteneinnahme gehören zu den wichtigen Punkten, die Patienten beachten müssen. Zudem sollte immer das Vorliegen einer Schwangerschaft ausgeschlossen werden.
Kann ich nach einer Radiojodtherapie normale Aktivitäten ausführen?
Nach einer Radiojodtherapie sollte der enge Kontakt zu Schwangeren und kleinen Kindern für einige Tage vermieden werden. In vielen Fällen ist es möglich, nach der Behandlung wieder normal zu arbeiten. Zudem sollten die Patienten die empfohlene Nachsorge einhalten, um den bestmöglichen Behandlungserfolg zu erzielen.
[1] Iglesias ML, Schmidt A, Ghuzlan AA, Lacroix L, Vathaire F, Chevillard S, Schlumberger M. Radiation exposure and thyroid cancer: a review. Arch Endocrinol Metab. 2017 Mar-Apr;61(2):180-187. doi: 10.1590/2359-3997000000257. Epub 2017 Feb 16. PMID: 28225863; PMCID: PMC10118869.
[2] Behrend, C. Hoher Preis für Jodtherapie. Im Focus Onkologie 21, 46 (2018). https://doi.org/10.1007/s15015-018-4357-4
[3] Dierks C, Seufert J, Aumann K, Ruf J, Klein C, Kiefer S, Rassner M, Boerries M, Zielke A, la Rosee P, Meyer PT, Kroiss M, Weißenberger C, Schumacher T, Metzger P, Weiss H, Smaxwil C, Laubner K, Duyster J, von Bubnoff N, Miething C, Thomusch O. Combination of Lenvatinib and Pembrolizumab Is an Effective Treatment Option for Anaplastic and Poorly Differentiated Thyroid Carcinoma. Thyroid. 2021 Jul;31(7):1076-1085. doi: 10.1089/thy.2020.0322. Epub 2021 Apr 15. PMID: 33509020; PMCID: PMC8290324.