Erblicher Brust- und Eierstockkrebs (HBOC-Syndrom)
Erblicher Brust- und Eierstockkrebs – auch als hereditäres Brust- und Ovarialkarzinom-Syndrom (HBOC-Syndrom, Hereditary Breast and Ovarian Cancer) bezeichnet – ist eine Erkrankung, durch welche sich bei Betroffenen das Risiko für Tumorerkrankungen beider Organe durch Genmutationen stark erhöht. Karzinome werden in der Patientengruppe nicht nur häufiger und innerhalb betroffener Familien öfter diagnostiziert als im Vergleich zu Menschen ohne Gendefekt. Auch das Erkrankungsalter verschiebt sich im Vergleich zu Bevölkerungsgruppen ohne die entsprechenden Gendefekte deutlich nach vorn.
Um auftretende Tumore schnell und präzise behandeln zu können, bedarf es einer engmaschigen und früh beginnenden Vorsorge. In der Diagnostik der Karzinome spielt die Radiologie – unter anderem mit der Mammographie – eine zentrale Rolle.

Was ist erblicher Brust- und Eierstockkrebs?
Wichtige Fakten auf einen Blick:
- Beim HBOC-Syndrom handelt es sich um ein Tumorsyndrom, das Brust- und Eierstockkrebs begünstigt.
- Es gibt eine starke familiäre (erbliche) Komponente.
- Betroffene Frauen erkranken nicht nur häufiger, sondern auch früher.
Das HBOC-Syndrom ist eine Erkrankung, durch die ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Brust- und Eierstockkrebs entsteht. Dabei spielen genetische Faktoren eine besonders große Rolle. Kennzeichnend für das Tumorsyndrom sind die familiäre Häufung und das vergleichsweise frühe Erkrankungsalter, was sich durch Gendefekte als Ursache erklärt.
Beim erblichen Brust- und Eierstockkrebs sind verschiedene Mutationen bestimmter Tumorsuppressorgene erkennbar, die unter anderem für Reparaturprozesse von DNA-Schäden verantwortlich sind. Durch den autosomal-dominanten Vererbungsgang (die veränderte Gensequenz muss nur einmal auf den Nicht-Geschlechtschromosomen vorliegen, um sich auszuprägen) hat jedes Kind eines Mutationsträgers ein Risiko von 50 Prozent, ebenfalls am HBOC-Syndrom zu erkranken.
Obwohl sich das HBOC-Syndrom auf Brust und Eierstöcke konzentriert, sind die genetischen Defekte auch für männliche Erbgutträger relevant. Die Mutationen können nämlich auch für ein erhöhtes Prostatakrebsrisiko sorgen.
Der Anteil, den das HBOC-Syndrom an den Diagnosen von Brust- und Eierstockkrebs hat, wird auf circa fünf bis zehn Prozent geschätzt [1].
Ursachen und Risikofaktoren des HBOC-Syndroms
Wichtige Fakten auf einen Blick:
- Das HBOC-Syndrom wird vorrangig von Gendefekten ausgelöst.
- Betroffen von den Mutationen sind Gene, die an Reparaturvorgängen der DNA beteiligt sind.
- Einige Mutationen erhöhen auch das Krebsrisiko bei Männern.
Der erbliche Brust- und Eierstockkrebs lässt sich konkret auf einen genetischen Defekt zurückführen. An dieser Stelle ist eine Abgrenzung zu familiärem Brust- und Eierstockkrebs (Ovarialkarzinom) erforderlich, der zwar ebenfalls eine Häufung innerhalb einer Familie aufweist, aber nicht zwingend auf genetische Mutationen zurückzuführen ist.
Zu den genetischen Auslösern, die das HBOC-Syndrom begünstigen, für erblichen Brust- und Eierstockkrebs sind Mutationen in den BRCA1- und BRCA2-Gene (Breast Cancer Associated Genes). Diese Gene haben die Aufgabe, bestimmte Proteine zu kodieren, die in der homologen Rekombination bei der DNA-Reparatur eine Rolle spielen. Ohne das Vorliegen der Mutation werden beschädigte DNA-Stränge mithilfe einer intakten, homologen DNA-Sequenz repariert. Durch die Genmutation ist dieser Prozess gestört und im Körper akkumulieren sich DNA-Schäden, was schließlich die Entstehung der Tumore begünstigt.
Die Medizin kennt inzwischen mehrere Gene, die bei erblichem Brust- und Eierstockkrebs defekt sein können. Besonders präsent sind in diesem Zusammenhang BRCA1-Mutationen (das Lebenszeitrisiko für das Ovarialkarzinom geben Quellen mit bis zu 63 Prozent an [2]) und die Mutation des BRCA2-Gens. Letztere erhöht nicht nur das Brustkrebsrisiko für Frauen, auch bei Männern besteht ein nicht zu unterschätzendes Mammakarzinom-Risiko [3]. Weitere Gene, die bei einer Mutation das Auftreten der Tumore begünstigen, sind unter anderem:
- PALB2 (Partner and Localizer of BRCA2)
- TP53 (kodiert das Tumorsuppressorprotein p53)
- CHEK2 (kodiert die Checkpoint-Kinase 2)
- ATM (Ataxia teleangiectasia mutated)
Zu den Risikofaktoren gehört eine familiäre Häufung der verschiedenen Krebserkrankungen. Bei einem Mutationsträger ist das Erkrankungsrisiko gerade im Hinblick auf Brustkrebs stark erhöht. Besondere Aufmerksamkeit ist erforderlich, wenn mehrere Frauen in der Familie erkranken und es bereits bei niedrigem Alter (zum Beispiel deutlich vor dem 50. Lebensjahr bei Brustkrebs) zu Diagnosen kommt.
Symptome des erblichen Brust- und Eierstockkrebses
Wichtige Fakten auf einen Blick:
- Die Symptome sind mit denen sporadischer Tumore vergleichbar.
- Bei Brustkrebs sind Knoten ein wichtiger Hinweis.
- Beim Eierstockkrebs können Bauschmerzen und Zyklusstörungen können auftreten.
Hinsichtlich der Symptome unterscheiden sich weder der erblich bedingte Eierstockkrebs noch das Mammakarzinom von Neubildungen, die sporadisch und ohne einen vorliegenden Gendefekt entstehen. Beim Brustkrebs sind der tastbare Knoten in der Brust, Schmerzen und ein Spannungsgefühl oder Veränderungen von Brustform und der Haut typische Anzeichen. Aber auch einseitiger Ausfluss von klarer bis blutiger Flüssigkeit kann ein Anzeichen für Brustkrebs sein.
Bei erblichem Eierstockkrebs treten die gleichen Krankheitszeichen wie bei einer Variante ohne Mutation auf. Dazu zählen unspezifische Schmerzen im Unterbauch und Schwellungen, Blähungen und Völlegefühl, Zyklusstörungen und vaginale Blutungen ohne Ursache sowie Veränderungen beim Wasserlassen oder Stuhlgang.
Allgemeinsymptome (B-Symptomatik) können ebenfalls auftreten. Dazu gehören Abgeschlagenheit und Leistungsabfall ebenso wie ungewollter Gewichtsverlust und Müdigkeit.
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Diagnostik bei Verdacht auf erblichen Brust- und Eierstockkrebs
Wichtige Fakten auf einen Blick:
- Die Diagnostik stützt sich stark auf bildgebende Verfahren.
- Eine engmaschige Früherkennung hat beim HBOC-Syndrom besondere Bedeutung.
- Teil der Diagnostik ist die Untersuchung kritischer Gensequenzen.
Die grundlegende Diagnostik der eigentlichen Tumorerkrankung ist mit dem Vorgehen bei nicht-erblichen Krebserkrankungen der Eierstöcke und Brust vergleichbar. Allerdings geht im Fall des HBOC-Syndroms eine genetische Beratung und Testung (prädiktive Analyse) voraus, die bei einem Verdacht auf eine erbliche Belastung vorgenommen wird.
Anhand einer Betrachtung der kritischen Gene kann das Erkrankungsrisiko für den individuellen Einzelfall abgeschätzt werden. Für die Entscheidung, ob ein Gentest durchgeführt werden soll oder nicht, zieht die Medizin eine Familien- und Eigenanamnese heran.
Sollte sich der Verdacht bestätigen, ist eine intensivierte Krebsfrüherkennung hinsichtlich des Mammakarzinoms und des Eierstockkrebses indiziert. Die Strukturierung der Vorsorgeuntersuchungen richtet sich auch nach dem spezifischen Gendefekt. Für eine TP53-Mutation kann damit beispielsweise bereits ab dem 20. Lebensjahr begonnen werden.
Die intensivierte Früherkennung umfasst unter anderem folgende Maßnahmen:
- einmal pro Jahr klinische Untersuchung und Ultraschall (Sonographie) der Brust
- einmal pro Jahr Durchführung einer Magnetresonanztomographie (MRT)
- Mammographie (in kürzeren Abständen als bei der herkömmlichen Vorsorge)
- Bestimmung spezieller Tumormarker (zum Beispiel für Eierstockkrebs)
- engmaschige gynäkologische Untersuchung (auch mit transvaginalem Ultraschall)
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Behandlung des HBOC-Syndroms
Wichtige Fakten auf einen Blick:
- Die chirurgische Tumorentfernung ist einer der wichtigsten Behandlungsschritte.
- Chemo- und Strahlentherapie können ergänzend neben die Operation treten.
- Mithilfe von Immuntherapien lassen sich individuelle Behandlungsansätze entwickeln.
Derzeit gibt es für das HBOC-Syndrom keine ursächliche Behandlung, welche die entstandenen Gendefekte wieder rückgängig machen würde. Betroffenen können zwar prophylaktische Maßnahmen angeboten werden, jedoch muss situativ gehandelt werden, wenn sich eine Krebserkrankung manifestiert. Die diesbezüglich einzuleitenden Maßnahmen orientieren sich an den geltenden Leitlinien und umfassen die chirurgische Tumorentfernung sowie die Chemotherapie.
Bei BRCA-mutierten Tumoren kann der Einsatz von PARP-Inhibitoren (zielen auf Poly(ADP-Ribose)-Polymerasen ab), die in Krebszellen die Reparatur von DNA-Schäden blockieren, die Prognose verbessern. Bei bestimmten Brustkrebsvarianten zeigt auch die Immuntherapie Wirkung [4]. Um das Erkrankungsrisiko zu reduzieren, können sowohl eine prophylaktische Mastektomie (beidseitige Brustentfernung) als auch die Entfernung der Eierstöcke in Erwägung gezogen werden.
FAQ zum HBOC-Syndrom: Die wichtigsten Fragen und Antworten
Kann ich trotz der Genmutationen schwanger werden?
Eine Schwangerschaft ist grundsätzlich auch mit vorliegenden Gendefekten möglich. Es empfiehlt sich, die Familienplanung frühzeitig in Angriff zu nehmen, da prophylaktische Maßnahmen häufig nach abgeschlossener Familienplanung anvisiert werden.
Übernehmen Krankenkassen die Kosten für die genetische Testung?
Beim Vorliegen einer entsprechenden Indikation übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für die genetische Beratung und Testung. Private Krankenversicherungen handhaben dies unterschiedlich, weshalb in jedem Fall vor Inanspruchnahme der Behandlung mit der Leistungsabteilung gesprochen werden sollte.
Wie hoch ist das Erkrankungsrisiko bei Männern?
Sind Männer Mutationsträger, erhöht sich auch bei ihnen das Risiko für eine Erkrankung. Beispielsweise steigt bei einer BRCA2-Mutation das Risiko auf sechs Prozent, bei der BRCA1-Variante auf ein Prozent [5]. Bei Männern ohne Gendefekt liegt das Risiko bei 0,1 Prozent.
[1] Universitätsmedizin Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Was ist familiärer Brust- und Eierstockkrebs?, online verfügbar unter: Link (Datum des letzten Zugriffs: 16.07.2025).
[2] Deutsche Gesellschaft für Senologie e. V.; Die operative Behandlung bei BRCA1/2-Mutationsträgerinnen, online verfügbar unter: Link (Datum des letzten Zugriffs: 16.07.2025).
[3] Krebsinformationsdienst: Familiärer Brust- und Eierstockkrebs: Bin ich betroffen?, online verfügbar unter: Link (Datum des letzten Zugriffs: 16.07.2025).
[4] Schmid P, Cortes J, Dent R, McArthur H, Pusztai L, Kümmel S, Denkert C, Park YH, Hui R, Harbeck N, Takahashi M, Im SA, Untch M, Fasching PA, Mouret-Reynier MA, Foukakis T, Ferreira M, Cardoso F, Zhou X, Karantza V, Tryfonidis K, Aktan G, O’Shaughnessy J; KEYNOTE-522 Investigators. Overall Survival with Pembrolizumab in Early-Stage Triple-Negative Breast Cancer. N Engl J Med. 2024 Nov 28;391(21):1981-1991. doi: 10.1056/NEJMoa2409932. Epub 2024 Sep 15. PMID: 39282906.
[5] Johns Hopkins Medicine: Inherited Cancer Risk: BRCA Mutation, online verfügbar unter: Link (Datum des letzten Zugriffs: 16.07.2025).