Welche Alternativen gibt es zu Untersuchungen mit hoher Strahlenbelastung?
Radiologie und Nuklearmedizin nutzen verschiedene Untersuchungsmethoden, um planare Schnittbilder (Aufnahmen in nur einer Ebene) oder Bilder auf mehreren Ebenen aufzunehmen. Dazu setzt die Medizin auf physikalische Prinzipien, wie den Durchgang ionisierender Strahlung durch Gewebe.
Die Qualität der Aufnahmen und die Einsatzmöglichkeiten der verschiedenen Methoden haben sich in den vergangenen Jahren weiter verbessert. Trotzdem besteht durch die Strahlenbelastung ein Risiko für Patienten und Personal. Können Diagnosen auch mit Alternativen ohne Strahlenbelastung durchgeführt werden?

Die Strahlenbelastung in der Radiologie und Nuklearmedizin
Wichtige Fakten auf einen Blick:
- Radiologie und Nuklearmedizin nutzen biologische Wirkung der Strahlung.
- Die Dosis liegt bei vielen Untersuchungen unterhalb der natürlichen Strahlung.
- CT und Kombinationsuntersuchungen können eine höhere Strahlendosis verursachen.
Zu den Untersuchungsmethoden, in denen eine Strahlenbelastung auftritt, gehören das Röntgen, die Computertomographie (CT) sowie Szintigraphien bzw. SPECT-Untersuchungen (Single-Photon-Emissionscomputertomographie). Die letzten beiden Methoden nutzen Radiotracer, um medizinische Fragestellungen zu klären. In welcher Konzentration Patienten Strahlung ausgesetzt sind, variiert je nach gewähltem Verfahren und der untersuchten Körperregion.
Zum Vergleich:
- Die Strahlung bei einer Röntgenaufnahme der Hand liegt zwischen 0,01 mSv und 0,1 mSv (Sievert ist die Einheit zur Angabe der Strahlendosis).
- Bei einer Mammographie beträgt die Dosis bis zu 0,6 mSv.
- Deutlich höher fällt die Strahlendosis bei einer CT-Untersuchung aus: Eine Untersuchung des Brustraums (Thorax-CT) kann bis zu 10 mSv betragen.
Die höhere Strahlendosis bei CT-Untersuchungen resultiert aus den technischen Grundlagen. Eine herkömmliche Röntgenaufnahme erfolgt normalerweise in zwei Ebenen. Der Computertomograph fertigt dagegen Schnittbilder in verschiedenen Ebenen an. Dazu sind die Röntgenröhre als Strahlungsquelle und die Detektoren in der ringförmigen Gantry montiert und bewegen sich um den Untersuchungstisch.
Die Höhe der wirksamen Strahlendosis richtet sich nach:
- der untersuchten Körperregion,
- den eingesetzten Verfahren aus Radiologie und Nuklearmedizin und
- der Untersuchungsdauer.
Besonders hoch sind die Strahlenbelastungen bei Aufnahmen wie einer Ganzkörper-CT oder bei Kombinationsverfahren wie der PET-CT. Letztere ist eine Methode zur Darstellung verschiedener Tumorerkrankungen, bei der die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) mit einem CT-Scan kombiniert wird. Sie nutzt den besonders aktiven Glucosestoffwechsel der Krebszellen.
Risiken der Strahlenbelastung bei Untersuchungen in Radiologie und Nuklearmedizin
Die Medizin hat für ionisierende Strahlung bereits sehr früh den therapeutischen Nutzen erkannt. Bis zur Erkenntnis, dass damit auch gesundheitliche Risiken verbunden sein können, hat es deutlich länger gedauert. Inzwischen ist die Wirkung der Strahlung bekannt und auch Gegenstand medizinischer Forschung.
Studien gehen unter anderem der Frage nach, wie die Nutzen-Risiko-Abschätzung davon beeinflusst wird, etwa im Zusammenhang mit der Radiojodtherapie [1]. Besonders wiederholt angewandte Untersuchungen erhöhen die Strahlungsexposition. Gesunde Patienten sind in der Regel nur in sehr unregelmäßigen Abständen medizinischer Strahlung ausgesetzt, zum Beispiel im Rahmen der Mammographie oder bei Frakturen.
Für verschiedene Tumorerkrankungen werden radiologische und nuklearmedizinische Untersuchungen aber in vergleichsweise kurzen Zeitabständen wiederholt. Zusätzlich führt die breite Anwendung von Methoden wie der CT bei verschiedenen Indikationen dazu, dass die Gesamtdosis von einigen Studienautoren bei sehr aggressiven Überwachungsprotokollen für verschiedene Patientengruppen durchaus kritisch gesehen werden [2].
Alternative Untersuchungsmethoden mit geringer Strahlenbelastung
Wichtige Fakten auf einen Blick:
- Es wird intensiv geforscht, um Strahlenbelastung in der Radiologie zu reduzieren.
- Innovative Untersuchungsprotokolle werden verwendet, um hochauflösende Bilder zu erstellen.
- Moderne Verfahren werden entwickelt, die auf Strahlungsfreiheit setzen.
Das Risiko für eine sekundäre Tumorerkrankung, das mit einer stärkeren Strahlenbelastung verbunden sein kann, hängt von verschiedenen Faktoren ab – darunter auch patientenindividuelle Merkmale wie das Alter.
Bei der Entscheidung über den Einsatz von Untersuchungen mit hoher Strahlendosis sollte stets der diagnostische Nutzen gegen das Risiko abgewogen werden. Dabei können auch Alternativen in Betracht gezogen werden, die eine vergleichbare Aussagekraft bieten, jedoch mit einer deutlich geringeren Strahlenbelastung verbunden sind.
Magnetresonanztomographie als Alternative
Neben der CT und dem Röntgen ist die Magnetresonanztomographie (MRT) eines der wichtigsten bildgebenden Verfahren. Ein MRT-Scan basiert nicht auf ionisierender Strahlung. Der Magnetresonanztomograph nutzt Magnetfelder und Hochfrequenzimpulse, um damit Wasserstoff im Körper anzuregen und dessen Zustandsänderungen aufzuzeichnen.
Die Strahlungsfreiheit und gute Darstellung von Weichgewebe zählt zu den Vorteilen der MRT. Mit deren Hilfe lassen sich kleine und unscheinbare Raumforderungen darstellen. Der Nachteil: Das Verfahren ist im Vergleich zum Röntgen und der CT-Untersuchung aufwändiger. Patienten müssen zwischen etwa 30 Minuten und 60 Minuten (je nach Untersuchung) still liegen.
Bewegungen beeinträchtigen die Darstellung und erschweren damit die Befundung. MRT-Bilder lassen sich aber auch mit anderen Methoden kombinieren, wie dem PET-Scan. Eine PET-MRT ist im Vergleich zu einer Kombination aus PET und CT strahlungsärmer. Die Strahlenbelastung für die PET liegt bei 5 bis 10 mSv, für den CT-Scan kommen je nach Untersuchungsregion selbst noch einmal bis etwa 10 mSv dazu. Diese Strahlendosis entfällt bei einer PET-MRT.
Aber: Die Verwendung der MRT ist aus diagnostischer Sicht nicht zwingend die bessere Wahl. Ein CT-Scan eignet sich für bildgeführte Verfahren deutlich besser. Zudem gibt es Situationen, wie die Suche nach Metastasen im Körper, in denen die CT-gestützten Methoden im medizinischen Alltag meist besser funktionieren – auch, wenn dafür eine höhere Strahlenbelastung in Kauf zu nehmen ist.
Computertomographie mit Dosisoptimierung
Die CT bleibt ein wichtiges diagnostisches Werkzeug der modernen Medizin und wird hinsichtlich der Strahlendosis laufend optimiert. Dabei steht die Reduktion der Strahlung als ein zentrales Anliegen im Mittelpunkt. Wichtig ist, die diagnostisch relevante Bildqualität nicht zu beeinträchtigen.
Dafür kommen verschiedene Methoden in Betracht. Eine Möglichkeit ist der Einsatz einer CT mit patientenangepasstem Röhrenstrom. Dabei wird der Strom je nach zu untersuchender Körperregion während des Scans moduliert. Bei gut strahlengängigen Gewebestrukturen kann der Röhrenstrom reduziert und somit die Strahlendosis verringert werden. Ein weiterer Ansatz zur Optimierung ist die Modulation der Röhrenspannung.
Die moderne Radiologie arbeitet außerdem an Verfahren, um die Bildauswertung mit Algorithmen zu verbessern. Iterative Rekonstruktionsprozesse sind in der Lage, das Bildrauschen zu verbessern, um damit hochwertige Bilder auch bei geringerer Strahlendosis zu erhalten.
Dank der Möglichkeiten moderner CT-Geräte, automatische Anpassungen verschiedener Scanparameter vorzunehmen, sowie durch verbesserte Bildrekonstruktionsverfahren und optimierte Strahlungsprotokolle können heute Low-Dose-CT-Aufnahmen erstellt werden. Diese finden bereits Anwendung in verschiedenen Früherkennungsuntersuchungen, etwa zur Lungenkrebsvorsorge.
Photonenzählende Computertomographie (PCCT)
Mit der photonenzählenden Computertomographie (PCCT) steht der Radiologie ein sehr innovatives Verfahren in der Bildgebung zur Verfügung. Zu den Besonderheiten gehört die Verwendung von Cadmium-Tellurit-Kristallen als Detektoren. Diese wandeln Photonen (Lichtteilchen) der Röntgenstrahlung direkt in elektrische Signale um.
Zu den Vorteilen der Methode gehört auf der einen Seite ein sehr gute Bildqualität. Außerdem zeichnet sich das Verfahren durch eine optimierte Dosiseffizienz aus, die zu einer geringeren Strahlenbelastung führt. Für Radiologen verbessert die PCCT zudem die Möglichkeiten in der Befundung, da mithilfe des Verfahrens einzelne Bereiche des Photonenspektrums ausgeblendet werden können, wodurch sich verschiedene Materialien im Bild voneinander trennen lassen. Studien belegen, dass Blutgefäße mit diesem Verfahren auch ohne den Einsatz von Kontrastmitteln sichtbar gemacht werden können [3].
Super-Ultra-Low-Dose-Protokoll (SULD) in der Volumentomographie
Das Super-Ultra-Low-Dose-Protokoll (SULD) ist ein modernes, strahlungsoptimiertes Verfahren im Bereich der digitalen Volumentomographie (DVT) – einer Technik zur Erstellung von Schnittbildern, die vor allem in der HNO-Heilkunde Anwendung findet. Bereits ohne SULD-Protokoll ermöglicht die DVT eine deutlich geringere Strahlendosis im Vergleich zu einer herkömmlichen CT-Aufnahme.
Durch den Einsatz des SULD-Protokolls wird die Strahlenbelastung weiter reduziert – und kann sogar unter die einer 2D-Röntgenaufnahme sinken. Interessanterweise ist der Einsatz des SULD-Protokolls nicht auf die HNO-Heilkunde beschränkt, sondern auch in anderen medizinischen Fachbereichen wie der Unfallchirurgie oder Urologie möglich [4].
Magnetic-Particle-Imaging (MPI)
Das Magnetic-Particle-Imaging (MPI) ist ein innovatives bildgebendes Verfahren, das sich derzeit in der Forschungsphase befindet. Bestrebungen zur klinischen Anwendung und Zulassung werden unter anderem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützt. Das Verfahren, das in seinen Grundzügen Anfang der 2000er Jahre entwickelt wurde, basiert auf Eisen-Nanopartikeln (Superparamagnetic Iron Oxide Nanoparticles, SPION). Diese Partikel werden in wechselnden Magnetfeldern angeregt.
Die magnetischen Nano-Tracer werden ins Blut verabreicht und ermöglichen so auch funktionsdiagnostische Bewertungen, ähnlich einem PET-Scan. Aktuell ist das MPI jedoch nicht klinisch nutzbar, da unter anderem die Zulassung der SPIONs fehlt. Gleichzeitig laufen umfassende Forschungsarbeiten, um das Verfahren für den klinischen Einsatz weiterzuentwickeln.
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Fazit: Radiologie & Nuklearmedizin arbeiten an optimierten Untersuchungsmethoden
Röntgen, CT oder Szintigraphien sind Untersuchungsmethoden der modernen Radiologie und Nuklearmedizin, mit denen sich viele Fragestellung – sowohl strukturell als auch funktionsdiagnostisch – klären lassen. Zu den Herausforderungen gehört die dabei biologisch wirksame Strahlung. In der Medizin und der Biophysik wird intensiv an neuen Methoden und Verfahrensprotokollen zur Verringerung der Dosis geforscht. Das Ergebnis sind dosisoptimierte CT-Untersuchungen, neue Detektormaterialien für CT-Scanner und die Entwicklung neuer Technologien, die wie das MPI komplett ohne Strahlenquelle auskommen.
FAQ zu strahlungsarmen Untersuchungsmethoden: Die wichtigsten Fragen und Antworten
Wer entscheidet über die radiologische Untersuchungsmethode?
In der Regel erfolgt eine Überweisung des behandelnden Arztes an die Radiologie mit der Abklärung medizinischer Fragestellungen. Die Entscheidung, welches Verfahren dafür besonders gut geeignet ist, setzt eine umfassende Fachkunde voraus. Diese bringt der Radiologe mit.
Wie oft können radiologische Untersuchungen wiederholt werden?
MRT und Sonographie (Ultraschall) sind strahlungsfrei und lassen sich daher häufiger wiederholen. Für alle Untersuchungen mit ionisierender Strahlung gelten konkrete Vorgaben, die sich aus dem Strahlenschutzgesetz und den aktuellen Verordnungen zur praktischen Durchführung ergeben. Über den Strahlenschutz sind Grenzwerte festgelegt. Zudem gilt in der Medizin immer das ALARA-Prinzip, welches den Einsatz von Strahlung auf das diagnostisch relevante Minimum reduziert.
Können Patienten zur Reduzierung der Strahlung beitragen?
Ja, das Patientenverhalten spielt in den Untersuchungen eine Rolle. Verschiedene Faktoren, wie das Tragen von Schmuck oder Bewegungen während der Untersuchung können die Aufnahme stören.
Kann ich als Patient eine Untersuchung wie die CT ablehnen?
Grundsätzlich wird im Rahmen der Patientenaufklärung auch die Einwilligung zur Untersuchung eingeholt. Patienten bzw. bevollmächtigte Personen, zum Beispiel die Eltern, dürfen diese verweigern. Bei einer Ablehnung findet die Untersuchung nicht statt. Damit kann allerdings – sofern eine strahlungsfreie Alternative nicht verfügbar ist – auch keine Abklärung des medizinischen Sachverhalts erfolgen.
[1] Behrend, C. Hoher Preis für Jodtherapie. Im Focus Onkologie 21, 46 (2018). https://doi.org/10.1007/s15015-018-4357-4
[2] Wen JC, Sai V, Straatsma BR, McCannel TA. Radiation-Related Cancer Risk Associated With Surveillance Imaging for Metastasis From Choroidal Melanoma. JAMA Ophthalmol. 2013;131(1):56–61. doi:10.1001/jamaophthalmol.2013.564
[3] Sun M, Lv W, Zhao X, Qin L, Zhao Y, Xin X, Jian J, Chen X, Hu C. Vascular branching geometry relating to portal hypertension: a study of liver microvasculature in cirrhotic rats by X-ray phase-contrast computed tomography. Quant Imaging Med Surg. 2020 Jan;10(1):116-127. doi: 10.21037/qims.2019.11.04. PMID: 31956535; PMCID: PMC6960415.
[4] Park SB, Kim YS, Lee JB, Park HJ. Knowledge-based iterative model reconstruction (IMR) algorithm in ultralow-dose CT for evaluation of urolithiasis: evaluation of radiation dose reduction, image quality, and diagnostic performance. Abdom Imaging. 2015 Oct;40(8):3137-46. doi: 10.1007/s00261-015-0504-y. PMID: 26197735.