Tumorbehandlung: Kann die Ernährung die Strahlentherapie unterstützen?
Die Diagnose einer Tumorerkrankung ist für Betroffene eine einschneidende Erfahrung. Die Behandlung umfasst häufig nicht nur die chirurgische Entfernung des Tumors und die Chemotherapie. In der Onkologie – als medizinisches Fachgebiet, das sich mit Tumoren beschäftigt – spielt auch die Strahlentherapie eine zentrale Rolle. Neben der konkreten medizinischen Therapie müssen Ärzte auch den Ernährungszustand des Patienten im Auge behalten.
Studien zeigen, dass ein guter Ernährungszustand nicht nur das Wohlbefinden während der Therapie verbessert, sondern auch die Verträglichkeit der Behandlung erhöht und damit sogar den Therapieerfolg positiv beeinflusst [1]. Eine ausgewogene und auf die individuellen Bedürfnisse angepasste Ernährung wird so zu einem wichtigen Komplement der Strahlenbehandlung.

Welche Strahlentherapien kommen in der modernen Medizin zum Einsatz?
Wichtige Fakten auf einen Blick:
- Die im Rahmen einer Strahlentherapie eingesetzte ionisierende Strahlung soll die Krebszellen nachhaltig schädigen.
- Dabei kann sich die zur Therapie eingesetzte Strahlenquelle sowohl außerhalb als auch innerhalb des Körpers befinden.
- Stark fokussierte Strahlentherapien sollen gesundes Gewebe schützen und die Belastung verringern.
Um die bedeutende Rolle der Ernährung zu verstehen, braucht es einen Überblick über die Methoden, welche die Medizin in der modernen Strahlentherapie (einem Teilbereich der Nuklearmedizin) einsetzt. Die verschiedenen Behandlungsansätze richten sich nach der Tumorart, dem Stadium und der individuellen Situation des Patienten.
- Die Teletherapie (perkutane Bestrahlung) setzt auf eine Strahlenquelle, die sich außerhalb des Körpers befindet und gezielt Strahlung auf das Tumorgewebe abgibt. Je nach Behandlungstiefe werden unterschiedliche Strahlungsvarianten (Photonen-, Elektronen- oder Röntgenstrahlung) eingesetzt.
- In der Brachytherapie platziert der Arzt die Strahlenquelle in unmittelbarer Nähe zum Tumor bzw. direkt im Tumorgewebe. Damit soll eine direkte Einwirkung auf die Krebszellen erreicht, gesundes Gewebe aber weitestgehend geschützt werden.
- Als dritte Variante kommt die intraoperative Strahlentherapie zum Einsatz. Während eines operativen Eingriffs erfolgt eine hoch dosierte Bestrahlung des Operationsfeldes. Ziel ist es dabei, eventuell im Operationsbereich verbliebene Tumorzellen durch die Strahlung zu eliminieren.
Alle Verfahren nutzen ionisierende Strahlung, um die DNA (Desoxyribonukleinsäure; Träger der Erbinformation) der Krebszellen zu schädigen und so deren Teilungsfähigkeit zu stoppen. Dabei macht sich die Medizin zunutze, dass die gesunden Zellen über bessere Reparaturmechanismen verfügen, während die bestrahlten Tumorzellen, denen diese Funktion fehlt, absterben. Moderne Verfahren, wie die intensitätsmodulierte Strahlentherapie (IMRT), ermöglichen eine präzise Dosisverteilung und schonen das umliegende gesunde Gewebe.
Der Einfluss der Ernährung auf die Strahlentherapie
Wichtige Fakten auf einen Blick:
- Die Ernährung trägt dazu bei, den Körper während der Therapiephase mit ausreichend Energie zu versorgen.
- Zur Aufstellung eines angepassten Ernährungsplans arbeiten der behandelnde Arzt und Ernährungsexperten zusammen.
- Supplemente sollten nur nach Rücksprache mit dem Arzt eingenommen werden.
Der Ernährungszustand spielt für den Verlauf und den Erfolg einer Strahlentherapie eine entscheidende Rolle. Studien zufolge ist ein hoher Anteil der an Tumoren im Magen-Darm-Bereich erkrankten Patienten bereits vor Therapiebeginn mangelernährt [2]. Diese Ausgangssituation führt zu Beeinträchtigungen der Behandlungsverträglichkeit und erhöht das Risiko von Komplikationen.
Des Weiteren stärkt eine optimale Nährstoffversorgung das Immunsystem und verbessert die Regenerationsfähigkeit gesunder Zellen. Dies ist vor allem deshalb wichtig, weil durch die Strahlentherapie nicht nur die Krebszellen geschädigt werden, sondern auch gesundes Gewebe in Mitleidenschaft gezogen wird. Eine Stärkung der Reparaturfähigkeit und die Verringerung von Nebenwirkungen hat für die Behandlung daher große Bedeutung.
Durch den Tumor und dessen Behandlung entsteht zudem ein erhöhter Energiebedarf. Der Grundumsatz verändert sich unter anderem durch den aktiven Stoffwechsel der Tumorzellen. Parallel arbeitet das Immunsystem gegen den Tumor an und verbraucht dadurch mehr Energie. Schließlich kommt es bei einigen Krebsvarianten zur Bildung von Hormonen, was den Stoffwechsel zusätzlich belastet.
Diesem hohen Energiebedarf stehen Therapienebenwirkungen wie Übelkeit, Geschmacksveränderungen oder Schleimhautentzündungen gegenüber, die oft zu einer reduzierten Nahrungsaufnahme führen. Die Kombination aus erhöhtem Bedarf und verminderter Zufuhr bedingt bei vielen Patienten einen Gewichtsverlust und einen sich verschlechternden Allgemeinzustand.
Ernährungsumstellung während der Strahlentherapie
Ob (und in welchem Umfang) eine Umstellung der Ernährung erforderlich ist, richtet sich nach der bestrahlten Körperregion und den auftretenden Nebenwirkungen. Zum Beispiel kommt es bei Behandlungen im Kopf-Hals-Bereich mitunter zu Schluckbeschwerden, Mundtrockenheit und Geschmacksveränderungen. Je nach Schwere kann in dieser Situation eine Anpassung hinsichtlich der Konsistenz und Zusammensetzung der Mahlzeiten erforderlich sein, um deren Passage durch den Rachenraum und Hals zu erleichtern.
Weiche Speisenanteile (mit einem höheren Flüssigkeitsgehalt) werden oft besser toleriert als trockene Nahrungsmittel. Auch stark gewürzte, saure oder sehr heiße Bestandteile/Mahlzeiten sollten von den Patienten eher gemieden werden, da diese weitere Schleimhautreizungen verursachen können. Smoothies, Suppen, gut verträgliche Breikost und weiches Obst wie Bananen stellen die Nährstoffversorgung sicher – auch bei Schluckbeschwerden.
Eine Strahlentherapie bei Tumoren im Bauchbereich – wie beispielsweise die PSMA-Therapie – steht nicht selten mit Übelkeit, Erbrechen und Durchfall in Verbindung. Eine leichte Vollkost mit dem Verzicht auf blähende und sehr fettreiche oder stark gewürzte Speisen gilt hier als vorteilhaft. Rohes Gemüse und ballaststoffreiche Lebensmittel (die bei gesunden Menschen als gesund gelten und empfohlen werden) können den Darm weiter reizen und die Beschwerden verstärken. Daher sollten diese Lebensmittel eher vermieden werden. Zusätzlich ist bevorzugt auf kleine Mahlzeiten zu setzen, die den Magen-Darm-Trakt nicht zu stark belasten.
Die Flüssigkeitszufuhr verdient besondere Aufmerksamkeit, da Erbrechen und Durchfall zu einem schnellen Flüssigkeitsverlust führen können. Stilles Wasser, milde Tees und verdünnte Säfte eignen sich besser als kohlensäurehaltige oder säurereiche Getränke.
Ernährungstipps für Patienten in einer Strahlentherapie
Durch den höheren Energiebedarf, die Beschwerden durch den Tumor und die Nebenwirkungen der Behandlung erfordert der Ernährungszustand besondere Aufmerksamkeit. Während der Therapie muss daher ein konsequentes Gewichtsmonitoring stattfinden. Regelmäßige Gewichtskontrollen helfen, einen ungewollten Gewichtsverlust frühzeitig zu erkennen. Der Verlust von mehreren Kilogramm (bezogen auf das Ausgangsgewicht) innerhalb von vier Wochen ist sehr ernst zu nehmen und muss mit dem behandelnden Arzt besprochen werden. Was ist darüber hinaus zu beachten?
- Proteinreiche Ernährung: Der Proteinbedarf erhöht sich während einer Strahlentherapie, da der Körper beschädigtes Gewebe reparieren muss. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) empfiehlt 1,2 bis 1,5 Gramm Proteinaufnahme pro Kilogramm Körpergewicht und Tag. Gute Proteinquellen sind unter anderem mageres Fleisch, Fisch, Eier, Milchprodukte und Hülsenfrüchte.
- Vorsicht bei Antioxidantien: Nahrungsmittel mit einem hohen Anteil an Antioxidantien gelten allgemein als gesund, können bei einer übermäßigen Supplementierung während einer Strahlentherapie aber kontraproduktiv wirken. Die Strahlung erzeugt gezielt freie Radikale zur Schädigung der Tumorzellen. Hohe Dosen von Antioxidantien können diesen Effekt dämpfen. Eine ausgewogene Ernährung mit natürlichen Antioxidantien aus Obst und Gemüse ist jedoch unbedenklich.
- Timing der Mahlzeiten: Kleine, häufige Mahlzeiten alle zwei bis drei Stunden werden oft besser vertragen als große Portionen. Bei morgendlicher Übelkeit kann ein kleiner Imbiss vor dem Aufstehen hilfreich sein.
- Hochkalorische Ergänzung: Wenn eine ausreichende Nährstoffzufuhr über normale Mahlzeiten nicht möglich ist, können medizinische Trinknahrungen eine Ergänzung darstellen. Diese Produkte enthalten alle wichtigen Nährstoffe in konzentrierter Form und werden von den behandelnden Ärzten als Bestandteil der Therapie eingesetzt.
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Allgemeine Ernährungshinweise bei Tumorerkrankungen
Die Ernährung spielt nicht nur zu Therapiezwecken eine Rolle. Patienten mit einer diagnostizierten Tumorerkrankung müssen grundsätzlich auf eine optimale Nährstoffversorgung achten, um ihr Immunsystem so optimal wie möglich zu unterstützen. Wichtig ist es dabei, den Körper mit ausreichend Nährstoffen, wie Kohlenhydraten, Protein und Fetten zu versorgen. Zusätzlich braucht der Körper Vitamine und Mineralstoffe, um alle Funktionen aufrechtzuerhalten.
Hochwertiges Protein unterstützt zum Beispiel den Erhalt der Muskelmasse. Der Verzehr von Fisch (ein- bis zweimal wöchentlich) versorgt den Körper mit Omega-3-Fettsäuren. Eher zurückhaltend sollte hingegen rotes Fleisch verzehrt werden. Da eine ausreichende Kalorienzufuhr bei Krebspatienten eingeschränkt sein kann, können hochkalorische Lebensmittel wie Nüsse, Avocados oder diverse Milchprodukte und Trockenfrüchte eine wichtige Rolle spielen. In diesem Zusammenhang ist jedoch auf die Verträglichkeit zu achten, insbesondere im Hinblick auf mögliche Magen-Darm-Beschwerden.
Spezielle Krebsdiäten sind durchaus kritisch zu sehen. Richtig ist zwar, dass Tumore einen höheren Glukosestoffwechsel aufweisen und eine zuckerarme Ernährung positive Effekte haben kann. Die Medizin untersucht, ob sich aus Zucker- und Glutaminaufnahmehemmern neue Therapien entwickeln lassen [3]. Mit diesem Wissen ohne ärztliche Begleitung den Krebs „auszuhungern“ kann sich jedoch als kontraproduktiv erweisen.
Grundsätzlich sollte die Ernährung der Betroffenen vielfältig und ausgewogen sein. Gemüse und Obst bieten ein breites Spektrum an Vitaminen und sekundären Pflanzenstoffen. Zudem liefern Vollkornprodukte wichtige Vitamine und Ballaststoffe. Die genaue Zusammenstellung des Ernährungsplans sollte immer mit dem behandelnden Arzt abgestimmt werden.
Fazit: Die Ernährung ist für Krebspatienten ein wichtiger Therapiebaustein
Die Ernährung nimmt während der Strahlentherapie eine wichtige Funktion ein. Sie ist einerseits der Weg, dem Körper während der Belastungen durch die Behandlung die nötige Energie zu liefern. Auf der anderen Seite wird durch sie sichergestellt, dass wichtige Vitalfunktionen – durch die Aufnahme von Mineralstoffen und Spurenelementen – erhalten bleiben. Das Fehlen wichtiger Stoffe wie Kalium oder Magnesium kann unter anderem Herzrhythmusstörungen oder Verdauungsbeschwerden auslösen.
Um eine optimale Versorgung zu erreichen, müssen Patienten, Onkologen und Ernährungsberater zusammenarbeiten sowie bei Problemen frühzeitig reagieren und die Ernährungsstrategie anpassen. Die richtige Ernährung wird damit zu einem wichtigen ergänzenden Baustein für eine optimale Wirksamkeit der Strahlentherapie.
FAQ zur Ernährung bei einer Strahlentherapie: Die wichtigsten Fragen und Antworten
Sollte ich während der Strahlentherapie Nahrungsergänzungsmittel einnehmen?
Die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln ist grundsätzlich mit dem behandelnden Onkologen/Arzt abzusprechen. Eine ausgewogene Ernährung mit Vitaminen und Mineralstoffen gilt meist als unbedenklich. Hochdosierte Präparate können allerdings die Wirksamkeit der Strahlentherapie nachteilig beeinflussen [4]. Eine individuelle Beratung unterstützt dabei, Defizite gezielt auszugleichen, ohne den Therapieerfolg zu gefährden.
Wie kann ich Geschmacksstörungen während der Behandlung überwinden?
Geschmacksveränderungen sind eine bekannte Nebenwirkung der Strahlentherapie, etwa bei Bestrahlungen im Kopf-Hals-Bereich. Geschmacksstörungen werden durch die behandelnden Ärzte individuell therapiert – etwa durch Veränderungen der Nahrungsbestandteile oder Gewürze. Allgemein normalisiert sich der Geschmackssinn aber einige Zeit nach Therapieende wieder.
Wie viel Gewichtsverlust ist während der Strahlentherapie normal?
Ein geringfügiger Gewichtsverlust von wenigen Kilogramm ist während einer Strahlentherapie nicht ungewöhnlich, sollte aber dennoch nicht unbeachtet bleiben. Kritisch zu bewerten ist eine Abnahme von mehreren Prozent des Ausgangsgewichts innerhalb eines Monat bzw. ein kontinuierlicher Gewichtsverlust, der sich über mehrere Wochen erstreckt. In solchen Fällen sollte der behandelnde Arzt unverzüglich informiert werden, um Maßnahmen zur Vorbeugung einer Mangelernährung einleiten zu können.
[1] Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO): Krebs: Bessere Prognose mit der richtigen Ernährung – Radioonkologen empfehlen frühzeitig ernährungsmedizinische Beratung für Patienten. Berlin, August 2017. Online unter: Link (Datum des letzten Zugriffs: 26.05.2025).
[2] Bertz, H., Brunner, Th. Ernährungsprobleme unter Radiotherapie (RT) und Radiochemotherapie (RCT). Aktuel Ernährungsmed 2016; 41(02): 88-94. DOI: 10.1055/s-0042-102127.
[3] Max-Planck-Institut für molekulare Physiologie: Krebszellen aushungern. Forschungsbericht 2020. Online unter: Link (Datum des letzten Zugriffs: 26.05.2025).
[4] Gelbe Liste: Nahrungsergänzungsmittel können Therapieresistenz bei Krebs fördern. Systematische Übersichtsarbeit zu Wechselwirkungen zwischen Nahrungsergänzungsmitteln und Krebstherapie. Online unter: Link (Datum des letzten Zugriffs: 26.05.2025).