Myokarditis-Diagnostik: Die Rolle der PET in der Biopsie-Steuerung
Bei einer akuten Herzmuskelentzündung (Myokarditis) spielt für die Auswahl der richtigen Therapie die Feststellung des konkreten Subtypes eine zentrale Rolle. Diesbezüglich liefern nicht nur bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomographie (MRT) (zur Bewertung struktureller Veränderungen wie Narbengewebe und Ödemen) oder die Echokardiographie wichtige Informationen.
Die Endomyokardbiopsie (EMB) zur Entnahme von Gewebeproben ist hinsichtlich der Myokarditis-Einteilung ein wichtiger Untersuchungsstandard. Allerdings ist mit dem Verfahren aufgrund des sogenannten „Stichprobenfehlers“ (Sampling Error), der durch das fleckförmige Auftreten der akuten Entzündungen verursacht wird, ein Problem verbunden. Um für die histologische Untersuchung eine optimale Gewebeprobe zu erhalten, bedarf es einer gezielten Bildführung während der Biopsie. Möglich wird dies mit der Positronen-Emissions-Tomographie (PET).
Warum ist die Typisierung der Myokarditis so wichtig?
Wichtige Fakten auf einen Blick:
- Nicht alle Formen der Myokarditis können mit demselben Therapieansatz behandelt werden.
- Die Formen der Herzmuskelentzündung werden anhand der Ursache und des Entzündungsmusters differenziert.
- Als Standardverfahren weist die Endomyokardbiopsie ohne bildgebende Unterstützung eine hohe Fehlerquote auf.
Mit der „Subtypisierung“ einer Myokarditis ist die Einteilung der Herzmuskelentzündung nach verschiedenen ursächlichen und histopathologischen (feingeweblichen) Kriterien gemeint. Diese Differenzierung ist klinisch von besonderer Relevanz, da einzelne Subtypen spezifische Therapieansätze erfordern und mit unterschiedlichen Prognosen einhergehen.
Zu den wichtigsten Myokarditis-Typen gehören:
- die lymphozytäre Myokarditis (meist virusassoziiert),
- die eosinophile oder Hypersensitivitäts-Myokarditis (häufig medikamenteninduziert),
- die granulomatöse Entzündung bei kardialer Sarkoidose sowie
- die besonders aggressive Riesenzellmyokarditis.
Während einige Formen (unter anderem die virale lymphozytäre Myokarditis) oft spontan ausheilen, ist bei Formen wie einer Riesenzellmyokarditis oder der kardialen Sarkoidose eine immunsuppressive Therapie (dämpft das Immunsystem) angezeigt.
Um eine genaue Unterscheidung anhand von speziellen Antikörpern oder Virusgenomen vornehmen zu können, ist die feingewebliche Untersuchung einer Gewebeprobe aus dem Herzmuskel durchzuführen, die im Rahmen der Myokardbiopsie entnommen wird.
Die Myokardbiopsie ist für die Abklärung nach wie vor der Goldstandard, leidet in puncto Qualität aber darunter, dass der Herzmuskel als Zielvolumen nicht homogen von der Entzündung durchzogen ist. Die Myokarditiden bilden häufig ein fleckförmiges Verteilungsmuster, weshalb ohne Planungsaufnahmen oder eine Bildkontrolle das Risiko besteht, durch Probennahmen an pathologisch nicht beeinflussten Stellen einen falsch-negativen Befund zu erhalten [1].
FDG-PET bei Myokarditis – was sie leisten kann und was nicht
Wichtige Fakten auf einen Blick:
- Die FDG-PET macht sich besondere Glukoseaufnahmemuster von Entzündungszellen zunutze.
- Die PET kommt unter anderem bei unklaren MRT-Befunden oder in der Biopsieplanung zum Einsatz.
- Durch die Bildgebung verringert sich die Wahrscheinlichkeit eines falsch-negativen Befundes.
Die FDG-PET macht sich im Zusammenhang mit der Myokarditis einen Mechanismus zunutze: Entzündungszellen wie Makrophagen (Fresszellen) und aktivierte Lymphozyten (weiße Blutkörperchen) haben einen erhöhten Glukosestoffwechsel. Die intravenös verabreichte Fluordesoxyglucose (FDG, ein radioaktiv markiertes Zuckeranalogon), wird von diesen Zellen vermehrt aufgenommen und reichert sich in aktiven Entzündungsherden an.
Die PET bildet somit keine strukturellen Veränderungen wie Ödeme und Vernarbungen ab, sondern die aktuelle Stoffwechselaktivität der Entzündung. Durch eine kombinierte Bildgebung mit der MRT lässt sich eine akute Myokarditis von fibrotischen Veränderungen unterscheiden. Die Vorteile beider Untersuchungen ergänzen sich und ermöglichen eine differenzierte Bewertung verschiedener Verdachtsdiagnosen [2].
Unter anderem kann ein in der MRT eingesetztes Late Gadolinium Enhancement (LGE) sowohl auf eine akute Entzündung als auch eine Myokardfibrose (Vernarbungen innerhalb des Herzmuskels, die unter anderem durch einen stummen Herzinfarkt entstehen) hindeuten. Mit der Kombination von MRT und PET lässt sich klären, ob in diesen Arealen noch aktive Entzündungsprozesse ablaufen.
Wann kommt die PET in der Myokarditis-Diagnostik zum Einsatz?
Im Rahmen der Primärdiagnostik ist die PET bei einem Verdacht auf Herzmuskelentzündung keine Standarduntersuchung. Allerdings hat die Herzmedizin (Kardiologie) den Nutzen der PET für die Untersuchung verschiedener Fragestellungen erkannt. Dazu gehören folgende Indikationen:
- Verdacht auf kardiale Sarkoidose,
- Unklare oder nicht eindeutige MRT-Befunde,
- Therapierefraktäre Verläufe ohne klare Ursache (Fälle, in denen die Behandlung versagt),
- Planung einer Endomyokardbiopsie.
Gerade im Rahmen der kardialen Sarkoidose zeigt die FDG-PET eine hohe Sensitivität und Spezifität und ist daher bei einem entsprechenden Verdacht ein wichtiges Untersuchungsverfahren.
Die PET stößt allerdings auch an Grenzen. Zwar ist eine direkte Befundung hinsichtlich eines aktiven Entzündungsgeschehens möglich, die PET liefert aber keine histologischen Informationen. Damit bleibt offen, ob die Hotspots in den Aufnahmen möglicherweise auf Riesenzellen oder Granulome (knötchenförmige Gewebeveränderungen) zurückgehen.
Zudem ist eine umfassende Vorbereitung des Patienten auf die Untersuchung erforderlich. Hintergrund: Herzmuskelzellen sind in der Lage, Glukose zu verstoffwechseln. Um dadurch bedingte falsch-positive Signale zu verhindern, müssen spezielle Fastenprotokolle eingehalten werden.
Warum die PET die Subtypisierung indirekt verbessert
Über die Aufnahme der aktiven Entzündungsherde im Herzmuskel hilft die PET durch deren räumliche Lokalisation, Fehler bei der Probennahme zu verringern. Mit dieser Methode lassen sich Bereiche mit erhöhter metabolischer Aktivität markieren und gezielt als Biopsietargets auswählen, um so die Zuverlässigkeit der histologischen Befundung zu erhöhen.
Außerdem lassen die Muster innerhalb der Entzündungsherde Rückschlüsse auf die Ursache (und damit die Typisierung) zu, können eine Biopsie aber nicht ersetzen.
- Granulomatöse Entzündung/kardiale Sarkoidose: Die kardiale Sarkoidose zeigt typischerweise ein Muster in der FDG-PET mit fokaler, oft fleckförmiger Anreicherung. Das Vorhandensein aktiver Granulome korreliert mit einer erhöhten FDG-Aufnahme. Die PET ermöglicht außerdem die Differenzierung zwischen aktiver Inflammation und vernarbten Läsionen.
- Riesenzellmyokarditis mit hoher metabolischer Aktivität: Hierbei handelt es sich um eine seltene, aber aggressive Form der Myokarditis mit häufig hoher metabolischer Aktivität. In der PET zeigen sich Bereiche mit massiv gesteigertem Glukosestoffwechsel. Die am stärksten betroffenen Regionen kommen für eine zielgerichtete Biopsie infrage. Eine hohe Aktivität ist in einigen Untersuchungen und Fallberichten auch für die eosinophile Myokarditis zu erkennen.
- Aktive vs. chronisch-fibrotische Myokarditis: Die PET ermöglicht die Unterscheidung zwischen akut-entzündlichen Veränderungen mit hoher metabolischer Aktivität und chronischen, bereits vernarbten Arealen ohne signifikant erhöhte FDG-Aufnahme. Diese Differenzierung ist therapeutisch relevant, da einer Immunsuppression vor allem bei (durch die Biopsie gesicherter) inflammatorischer Myokarditis ein Nutzen zugeschrieben wird, während rein fibrotische, nicht-entzündliche Myokardschäden in der Regel nicht auf die Immunsuppression ansprechen.
PET-gestützte Biopsie: Wie die Bildführung die Typisierung unterstützt
Wichtige Fakten auf einen Blick:
- Die Myokardbiospie liefert histologisch auswertbares Probenmaterial.
- Die PET sichert bei der Myokard-Subtypisierung eine hohe Zielgenauigkeit der Biopsie.
- Die Kombination mit der PET und anatomischen Kartierungen erhöht die Sensitivität.
Die konventionelle Endomyokardbiopsie (ohne Bildführung) erfolgt auf der Basis eines standardisierten Entnahmeschemas, bei dem mehrere Proben aus der Scheidewand zwischen rechter und linker Herzkammer (rechtsventrikuläres Septum) entnommen werden.
Studien zeigen, dass die Sensitivität dieser Biopsie bei fokalen Myokarditiden nur bei etwa 60 Prozent liegt [3]. Das bedeutet, dass in nahezu der Hälfte der Fälle eine Myokarditis trotz Vorliegens nicht erkannt wird (falsch-negatives Ergebnis). Bei der kardialen Sarkoidose, die bevorzugt das linksventrikuläre Myokard und das Septum befällt, liegt die Sensitivität der rechtsventrikulären Biopsie sogar noch niedriger.
Mittels der Ergebnisse der PET-Untersuchung lassen sich Segmente mit hohen metabolischen Aktivitäten identifizieren. Anschließend nutzt die interventionelle Kardiologie diese Informationen, um gezielt Myokardbereiche zu biopsieren, die eine pathologische FDG-Anreicherung erkennen lassen.
Durch die Verbindung aus modernen Katheterverfahren (mit einer elektroanatomischen Kartierung der Herzkammern) mit den PET-Daten ist es heute möglich, dass Kardiologen praktisch in Echtzeit nachvollziehen, an welcher Stelle des Herzens sie sich mit dem Biopsiebesteck befinden, um dieses noch gezielter einzusetzen.
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Fazit: Die Myokarditis-Typisierung verbessert die Prognose
Bei der FDG-PET handelt es sich um ein Verfahren, das in der primären Diagnostik einer Herzmuskelentzündung keine übergeordnete Rolle spielt. Dafür liefern die Stoffwechselinformationen wichtige Hinweise für die Platzierung der Biopsie. Das Ergebnis ist eine Verbesserung der Sensitivität und letztlich auch der Prognose für die Behandlung der Myokarditis. Lässt sich durch die gezielte Probennahme eine Riesenzellmyokarditis histologisch absichern, kann eine schnelle und aggressive Therapie eingeleitet werden. Auf der anderen Seite kann durch die Identifizierung einer lymphozytären Herzmuskelentzündung (ausgelöst durch eine Virusinfektion) eine mit potenziell hohen Nebenwirkungen verbundene Immunsuppression vermieden werden. Damit trägt die PET zur Einleitung einer gezielten Behandlung und optimierten Prognosestellung bei.
FAQ zur PET und der Typisierung von Myokarditis: Die wichtigsten Fragen und Antworten
Warum reicht die MRT allein nicht aus, um eine Myokarditis zu diagnostizieren?
Mit der Kardio-MRT lassen sich strukturelle Veränderungen abbilden, aber nicht eindeutig zwischen aktiver Entzündung und chronischer Veränderungen unterschieden werden. Zudem liefert das radiologische Bildgebungsverfahren keine histologischen Informationen, die zur Absicherung der Diagnose und Typisierung aber von besonderer Bedeutung sind.
Wie läuft die Vorbereitung auf eine kardiale FDG-PET ab?
Patienten müssen einige Stunden vor der Untersuchung eine fettreiche Diät (ohne Kohlenhydrate) einhalten, auf die eine Fastenperiode folgt. Diese Form der Vorbereitung ist aufgrund der Glukoseverwertung durch die Myokardzellen notwendig. Mit diesem Fastenprotokoll kann die physiologische Glukoseaufnahme des Herzmuskels blockiert werden, um falsch positive Befunde zu vermeiden.
Muss bei einer Herzmuskelentzündung eine Kontroll-PET durchgeführt werden?
Ob dieser Schritt notwendig ist, richtet sich nach dem Ergebnis der Subtypisierung, da die Relevanz vom klinischen Verlauf und der Therapiesituation abhängt. So wird beispielsweise bei kardialer Sarkoidose häufig eine Kontroll-PET im Zeitraum zwischen drei und sechs Monaten nach Therapiebeginn empfohlen, um das Ansprechen auf die immunsuppressive Behandlung zu beurteilen.
[1] Ammirati E, Buono A, Moroni F, Gigli L, Power JR, Ciabatti M, Garascia A, Adler ED, Pieroni M. State-of-the-Art of Endomyocardial Biopsy on Acute Myocarditis and Chronic Inflammatory Cardiomyopathy. Curr Cardiol Rep. 2022 May;24(5):597-609. doi: 10.1007/s11886-022-01680-x. Epub 2022 Feb 24. PMID: 35201561; PMCID: PMC8866555.
[2] Fogante M, Argalia G, Esposto Pirani P, Romagnolo C, Balardi L, Argalia G, Fringuelli FM, Schicchi N. Hybrid PET/MRI in Inflammatory Cardiac Diseases: A Systematic Review and Single-Center Experience. Diagnostics (Basel). 2025 Jun 30;15(13):1670. doi: 10.3390/diagnostics15131670. PMID: 40647669; PMCID: PMC12248649.
[3] Vidusa L, Kalejs O, Maca-Kaleja A, Strumfa I. Role of Endomyocardial Biopsy in Diagnostics of Myocarditis. Diagnostics (Basel). 2022 Aug 30;12(9):2104. doi: 10.3390/diagnostics12092104. PMID: 36140505; PMCID: PMC9497694.