Wenn Stress das Herz schwächt: Welchen Nutzen hat die PET-CT in der Tako-Tsubo-Diagnostik?
Bei Beschwerden wie Schmerzen hinter dem Brustbein oder Kurzatmigkeit, die sehr plötzlich einsetzen, denken Betroffene oft an einen Herzinfarkt. Und auch, wenn zudem im Elektrokardiogramm (EKG) ST-Hebungen (Veränderungen in der elektrischen Erregungsleitung) zu erkennen sind, muss es sich nicht zwingend um einen Infarkt handeln. Die Tako-Tsubo-Kardiomyopathie (TTS, auch als „Stress-Kardiomyopathie“ oder „Broken-Heart-Syndrom“ bezeichnet) weist einem Herzinfarkt ähnliche Symptome auf, steht allerdings nicht mit einem Gefäßverschluss in Verbindung.
TTS ist eine Erkrankung, bei der verschiedene Aspekte noch nicht geklärt sind. Hinsichtlich der Diagnostik stehen radiologische Verfahren wie der Herzultraschall und die Kardio-MRT zur Verfügung. Liegen komplexe Situationen vor oder bedarf es einer klaren Abgrenzung von anderen Erkrankungen, kann die PET-CT eine Rolle spielen.

Was ist die Tako-Tsubo-Kardiomyopathie?
Wichtige Fakten auf einen Blick:
- TTS ist eine Störung des Herzens in Bezug auf dessen Kontraktilität.
- Die Erkrankung tritt im Zusammenhang mit körperlichem und seelischem Stress auf.
- Das klinische Bild erinnert zunächst stark an einen Herzinfarkt.
TTS ist eine erworbene Herzmuskelerkrankung. Typischerweise tritt sie nach schweren emotionalen oder körperlichen Belastungen auf. Der Name Tako-Tsubo geht auf die Wandbewegungsstörung zurück, bei der ein Bild entsteht, das an die Form einer japanischen Tintenfischfalle erinnert.
Die Symptome – plötzlich einsetzende Brustschmerzen und Atemnot sowie Veränderungen in wichtigen Laborparametern – können auch an einen akuten Herzinfarkt denken lassen. Umso wichtiger ist die Durchführung einer umfassenden Differenzialdiagnostik. Die Erkrankung tritt besonders bei postmenopausalen Frauen auf. Charakteristisch ist zudem ein Katecholamin-Überschuss (Stresshormone wie Adrenalin und Noradrenalin). Hinsichtlich der genauen Ursachen und Auslöser sind gegenwärtig noch nicht alle Zusammenhänge geklärt.
Neben emotionalem oder körperlichem Stress scheint ein Zusammenhang mit Störungen der Schilddrüsenfunktion möglich. Diese lösen Gewebeveränderungen am Herzmuskel (Myokard) und den Gefäßen aus. Zudem zeigt sich, dass bei einigen Betroffenen neben der TTS weitere kardiale Pathologien vorliegen, zum Beispiel eine koronare Herzkrankheit (KHK). Die Herausforderung bei der Stellung der Erstdiagnose liegt letztlich in der Abgrenzung zu anderen akuten Herzerkrankungen wie dem akuten Koronarsyndrom (ACS) oder der Myokarditis (Herzmuskelentzündung), da sowohl die klinische Präsentation als auch die Laborwerte ähnlich sein können.
PET-CT bei Tako-Tsubo – was sie zeigt und wann sie sinnvoll ist
Wichtige Fakten auf einen Blick:
- Mit der PET-CT lassen sich im Rahmen der TTS-Differenzialdiagnostik Informationen gewinnen.
- Eine genaue Abgrenzung zu anderen Erkrankungen ist für die Therapie entscheidend.
- TTS hebt sich bei der Glukoseaufnahme und Perfusion von anderen Pathologien ab.
Aufgrund ihrer Genese muss die TTS diagnostisch klar abgegrenzt werden. Die PET-CT – eine Hybriduntersuchung aus Positronen-Emissions-Tomographie (PET) und Computertomographie (CT) – ist an dieser Stelle zwar keine Standarduntersuchung, kann sich aber zur Abgrenzung anderer kardialer Erkrankungen oder bei komplexen Sachverhalten anbieten.
PET-CT zur Differenzierung zwischen Tako-Tsubo-Kardiomyopathie und Herzinfarkt
Bei der Differenzierung zwischen akutem Koronarsyndrom und TTS zeigen sich charakteristische Durchblutungs- und Stoffwechselmuster. Bei einer TTS kommt es zu ausgeprägten Wandbewegungsstörungen des Herzmuskels (speziell des linken Ventrikels), es ist aber keine entsprechende Nekrose (Gewebeuntergang) zu erkennen, wie sie für einen Herzinfarkt typisch ist. Dieses Muster aus reduzierter Durchblutung bei gleichzeitig erhaltener Funktionsfähigkeit des Gewebes (auch als „Mismatch“ bezeichnet) ist ein wichtiges Differenzierungsmerkmal.
Differenzierung von Myokarditis und Tako-Tsubo mit PET-CT
Die PET-CT dient auch der Abgrenzung zur Myokarditis. Diesbezüglich zeichnet sich das Verfahren durch eine hohe Präzision aus, da bei Verwendung von FDG (Fluordesoxyglukose als Marker für Entzündung) einige Entzündungszellen, die in den Herzmuskel bei einer Entzündung einwandern, eine fokal erhöhte Aufnahme zeigen. Im Fall einer rein stressinduzierten TTS entsteht hingegen ein anderes Verteilungsmuster.
Wichtig: Die Kardiomyopathie kann sekundäre entzündliche Prozesse auslösen. Im Rahmen einer kardialen FDG-PET-CT zeigen sich daher eventuell Überlappungen mit entzündlichen Mustern. Die Erstdiagnose bzw. Unterscheidung von anderen Herzerkrankungen erfolgt letztlich nicht allein durch die Bewertung der Stoffwechselaufnahmen. Da es sich bei der TTS um eine Erkrankung handelt, die in vielen Fällen reversibel ist (die Krankheitszeichen bilden sich zurück), kommt es zu keinem großflächigen Gewebeuntergang (der über den gestörten FDG-Uptake erkennbar wäre).
Die Beurteilung der Perfusion im Myokard liefert zusätzlich wichtige Indizien. Die PET-CT kann quantitative Durchblutungsparameter erfassen. Damit lassen sich mögliche Mismatch-Muster zwischen Durchblutung und Metabolismus aufdecken, was für eine stressinduzierte Dysfunktion sprechen würde.
Für die Durchblutungsbeurteilung kommen ¹³N-Ammoniak und ⁸²Rubidium als Tracer für Ruhe- und Stressmessungen zum Einsatz, durch die die Berechnung der koronaren Flussreserve ermöglicht wird. Mithilfe dieses Parameters ist eine Beurteilung der Mikrozirkulation möglich. Diese ist bei der TTS gestört (Mikrogefäßspasmen lösen eine gestörte Kapillardurchblutung aus), ohne dass ein erkennbarer Gefäßverschluss vorliegt.
Mögliche PET-CT-Befunde bei Tako-Tsubo-Kardiomyopathie
Bei einer TTS weist die PET-CT bestimmte Befundmuster auf. In der Abbildung der Durchblutung zeigen sich reduzierte Durchflusswerte in den betroffenen Arealen. Allerdings sind diese nicht so ausgeprägt wie bei einem akuten Herzinfarkt. Die Perfusionsmuster folgen normalerweise dem Muster der Wandbewegungsstörung. Im Rahmen einer Studie hat sich gezeigt, dass sich eine selektive apikale (zur Herzspitze hin) Aufnahme von FDG bei einer größeren Zahl von Patienten beobachten lässt, was wiederum auf einen gestörten Zuckerstoffwechsel hindeuten kann [1].
Tako-Tsubo-Diagnostik – Welche Rolle spielt die PET-CT?
Wichtige Fakten auf einen Blick:
- Die Diagnostik umfasst den Einsatz von EKG, Herzultraschall und Kardio-MRT.
- Mit der Angiographie werden Gefäßverschlüsse in der Regel nicht erkannt.
- Die PET-CT spielt zur Differenzialdiagnose eine Rolle.
Verschiedene Aspekte der Erkrankung sind noch nicht vollständig erforscht. Bekannt ist, dass die TTS zu einem erheblichen Anteil Frauen zwischen 60 und 75 Jahren betrifft und in einer schweren kardialen Krise münden kann. Zudem wird bisher von einem geringen Anteil (ein bis zwei Prozent) von Fällen bei Personen mit einem koronaren Syndrom ausgegangen. Allerdings gehen Einschätzungen dahin, dass diese Zahl bisher zu niedrig angesetzt ist [2].
Aufgrund der Symptome setzt die Erstdiagnostik nicht sofort auf die PET-CT, sondern zielt mit dem klassischen Diagnosepfad (Anamnese – Labor – Bildgebung) zuerst auf den Ausschluss anderer schwerer Herzerkrankungen wie einem Myokardinfarkt ab. Zu den Standardverfahren gehören das EKG (es zeigen sich typischerweise ST-Hebungen) sowie Laboruntersuchungen, in denen sich ein erhöhter Troponinwert zeigen kann.
Allerdings sind weder die Anamnese noch die klinischen Untersuchungen zur eindeutigen Identifikation einer TTS geeignet. Die Echokardiographie geht einen entscheidenden Schritt weiter – und kann charakteristische Wandbewegungsstörungen aufdecken. Zudem sind in der Angiographie keine für die Beschwerden verantwortlichen Verschlüsse zu erkennen.
Die Kardio-MRT ist ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zur Diagnose einer TTS. Nach der Bildakquisition lassen sich Ödeme in den T2-gewichteten Sequenzen erkennen. Zudem ermöglicht die Untersuchung durch den Einsatz des Late Gadolinium Enhancements (LGE) die Darstellung von Narbengewebe oder Nekrosen. Das LGE-Verteilungsmuster unterscheidet sich von der TTS von dem bei einem Herzinfarkt oder einer Myokarditis. Es ist kein LGE zu erkennen bzw. nur eine fleckige Verteilung ohne Zuordnung zu den Koronargefäßen.
Die typischen Diagnostikmaßnahmen bei koronarer Symptomatik im Überblick:
- Anamnese
- Laboruntersuchung (unter anderem des Troponinwerts)
- EKG
- Echokardiographie
- Kardio-MRT
Die PET-CT ist gegenwärtig kein Diagnostikverfahren, sondern bietet sich vor allem zur Abgrenzung der TTS von anderen Herzerkrankungen an. Dabei kann ein möglicher Ansatz das spezifische FDG-Uptake-Muster in der Herzspitze sein [1]. Aber auch die Darstellung der Mikrozirkulation liefert Informationen, da hier kapillare Perfusionsdefizite erkennbar sind.
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Was passiert nach der Tako-Tsubo-Diagnostik?
Wichtige Fakten auf einen Blick:
- Die Behandlung basiert auf den Rahmenbedingungen einer Herzinsuffizienz.
- Bei einer begleitenden Entzündung ist ein entsprechender Herzschutz aufzubauen.
- Zur Nachsorge gehört die Kontrolle der kardialen Parameter.
Nach einem positiven Befund – also einem bestätigten Verdacht – in der TTS-Diagnostik erfolgt eine mit einer akuten Herzinsuffizienz vergleichbare Behandlung. Im Rahmen der medikamentösen Therapie wird unter anderem auf ACE-Hemmer (erreichen eine Blutdrucksenkung und entlasten das Herz) gesetzt. Alpha- und Betablocker werden ebenfalls eingesetzt. Gerade für die Letztgenannten hängt die Entscheidung davon ab, ob sich Patienten in einem hämodynamisch stabilen Zustand befinden.
Für entzündungsauslösende Faktoren haben immunsupprimierende Medikamente in Studien einen protektiven Effekt für das Herz gezeigt [3]. Für die weitere Forschung ist es entscheidend, die entsprechenden Signalwege zu identifizieren und medikamentös zu blockieren.
Hinsichtlich der Prognose wurde lange von eher günstigen Rahmenbedingungen ausgegangen. Allerdings scheinen Studien anzudeuten, dass mit der Erkrankung an einer TTS größere Gefahren verbunden sind [4]. Trotz der Tatsache, dass sich eine TTS oft wieder zurückbildet, scheint das Risiko für das Auftreten kardialer Notfälle erhöht zu sein. Aus diesem Grund spielt die Nachsorge mit einer kardiologischen Kontrolle eine wichtige Rolle. Patienten sind zudem aufgerufen, durch die Reduktion von Stress ein aktives Trigger-Management zu betreiben.
Fazit: Mit der kardialen PET-CT das Tako-Tsubo-Syndrom von Herzinfarkt und anderen Herzerkrankungen unterscheiden
Plötzlich auftretende Brustschmerzen und Kurzatmigkeit nach einer emotional sehr fordernden Situation sind möglicherweise Anzeichen für die TTS. Aufgrund der Symptome kann die Erkrankung im ersten Moment schnell mit einem Herzinfarkt verwechselt werden. Allerdings zeigen sich in der Bildgebung deutlich unterschiedliche Merkmale. Eine Möglichkeit, um die TTS von anderen Herzerkrankungen zu unterscheiden, ist die FDG-PET-CT. Ein Verfahren, das im eigentlichen Diagnosepfad keine umfassende Rolle spielt, aber wichtige differenzialdiagnostische Informationen liefert.
FAQ zur PET-CT im Zusammenhang mit der Tako-Tsubo-Kardiomyopathie: Die wichtigsten Fragen und Antworten
Kann ich als Betroffener einen Herzinfarkt von einer Tako-Tsubo-Kardiomyopathie unterscheiden?
Betroffene können einen Herzinfarkt in der Regel nicht von einer TTS unterscheiden. Beide Erkrankungen zeigen ein sehr ähnliches klinisches Bild mit vergleichbaren akuten Symptomen: plötzlich auftretender, starker Brustschmerz, Atemnot sowie Übelkeit und Angstgefühle. Einzig der Trigger (TTS tritt normalerweise im Zusammenhang mit starkem emotionalem oder körperlichem Stress auf) wäre ein möglicher Hinweis. Vor diesem Hintergrund ist eine umfassende Diagnostik zur Differenzierung erforderlich.
Warum sind bestimmte Ernährungsregeln vor der PET-CT mit FDG so wichtig?
Die Ernährungsvorbereitung einer FDG-PET-CT ist entscheidend für die Bildqualität und Aussagen in der Befundung. FDG reichert sich bevorzugt in stoffwechselaktiven Geweben an. Dazu gehört auch der gesunde Herzmuskel. Dieser verstoffwechselt normalerweise Glukose. Ohne eine spezielle Diätvorbereitung würde das gesamte Myokard FDG aufnehmen. Demnach wären pathologische Areale nicht abgrenzbar und die Untersuchung hätte bezüglich der Differenzierung der TTS von anderen Erkrankungen keinen Wert mehr.
Warum ist eine Tako-Tsubo-Kardiomyopathie erst durch die Bildgebung sicher zu erkennen?
Nicht nur hinsichtlich der Symptome ähnelt die TTS einem Herzinfarkt. Auch in Bezug auf Veränderungen im EKG und durch die Erhöhung der myokardialen Enzyme ist eine sichere Unterscheidung schwierig. In radiologischen Aufnahmen sind die typischen Bewegungsstörungen bei einer TTS (Auswölbung der Herzspitze, als „apikales Ballooning“ bezeichnet) zu erkennen.
[1] Kobylecka M, Budnik M, Kochanowski J, Piatkowski R, Chojnowski M, Fronczewska-Wieniawska K, Mazurek T, Maczewska J, Peller M, Opolski G, Krolicki L. Takotsubo cardiomyopathy: FDG myocardial uptake pattern in fasting patients. Comparison of PET/CT, SPECT, and ECHO results. J Nucl Cardiol. 2018 Aug;25(4):1260-1270. doi: 10.1007/s12350-016-0775-x. Epub 2017 Jan 4. PMID: 28054182.
[2] University Hospital Zürich, Takotsubo syndrome: On the trail of the insidious disease, online verfügbar unter: Link (Datum des letzten Zugriffs: 26.09.2025).
[3] Universitätsklinikum Heidelberg, Neuer Therapieansatz für das Broken-Heart-Syndrom, online verfügbar unter: Link (Datum des letzten Zugriffs: 26.09.2025).
[4] Deutsches Ärzteblatt, Akute Stress-Herzinsuffizienz: Nach Tako-Tsubo-Infarkt ist Sterblichkeit lange erhöht, online verfügbar unter: Link (Datum des letzten Zugriffs: 26.09.2025).