Medizinphysik-Experte (MPE) & Strahlenschutzverordnung: Pflichten, Verantwortung & gesetzliche Grundlagen
Medizinphysik-Experten (MPE) spielen vor allem im Fachbereich der Radiologie, sowie in der Strahlen- und Nuklearmedizin eine zentrale Rolle – besonders im Zusammenhang mit dem Strahlenschutz. Rechtlich ist der Einsatz von MPE in der Strahlenschutzverordnung und im Strahlenschutzgesetz verankert. Darüber hinaus spielt mit der EU-BSS-Richtlinie 2013/59/Euratom auch eine EU-weit geltende Regelung eine Rolle.
In der Praxis übernimmt der MPE wichtige Aufgaben bei der Überwachung und Optimierung des Strahlenschutzes, sichert die hohe Qualität radiologischer Verfahren und ist damit ein wichtiges Bestandteil der Patientensicherheit in Bezug auf die Einhaltung der medizinisch vertretbaren Dosis bei Untersuchungen. Medizinische Einrichtungen sind in bestimmten Situationen gesetzlich verpflichtet, einen MPE hinzuzuziehen.

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für den Einsatz von Medizinphysik-Experten (MPE)
Wichtige Fakten auf einen Blick:
- Die Funktionen des MPE sind unter anderem in der StrlSchV definiert.
- Medizinische Einrichtungen müssen einen MPE in verschiedenen Situationen hinzuziehen.
- Der MPE darf nicht mit dem Strahlenschutzverantwortlichen verwechselt werden.
Ionisierende Strahlung spielt in der Medizin sowohl in der Diagnostik als auch bei verschiedenen Behandlungsansätzen eine Rolle. Die Palette reicht vom Röntgen über die Computertomographie (CT) bis zu strahlungsbasierten Behandlungsverfahren wie der Brachytherapie. Strahlung wird dabei unter anderem über eine Röntgenröhre oder durch offene Strahlungsquellen emittiert.
Inzwischen ist bekannt, dass sich aus dem Einsatz ionisierender Strahlung auch gesundheitliche Risiken ergeben. Die Handhabung dieser Strahlung unterliegt daher einem engen gesetzlichen Rahmen, der durch
definiert wird. So schreibt beispielsweise § 14 Absatz 1 StrlSchG vor, wann ein MPE bei der Anwendung ionisierender Strahlung oder radioaktiver Stoffe am Menschen hinzuziehen ist. Dies ist unter anderem bei einer auf einem individuellen Bestrahlungsplan beruhenden Behandlung der Fall. Aber auch bei standardisierten Verfahren ist die Mitarbeit eines MPE erforderlich, wenn dabei eine sehr hohe Strahlenexposition erreicht wird.
Konkretisiert werden die Vorgaben bezüglich der obligatorischen Hinzuziehung eines MPE in § 131 StrlSchV. In diesem Zusammenhang wird dem zuständigen Strahlenschutzbeauftragten die Pflicht auferlegt, dafür Sorge zu tragen, dass der MPE (zur direkten Mitarbeit oder in beratender Funktion) unter anderem in folgenden Situationen hinzugezogen wird:
- bei Untersuchungen mit offenen radioaktiven Stoffen in der Nuklearmedizin,
- bei einer CT und bei der Anwendung von Geräten zur 3D-Bildgebung mit niedrigem Röntgenkontrast (mit Ausnahme der Tomosynthese),
- bei interventionellen Durchleuchtungen mit erheblicher Strahlenexposition.
Darüber hinaus definiert der Gesetzgeber in § 132 StrlSchV das genaue Tätigkeitsspektrum der MPE.
Welche Pflichten hat ein Medizinphysik-Experte (MPE) und wofür trägt er Verantwortung?
Die Pflichten von MPE decken ein breites Spektrum ab, das von Beratungstätigkeiten über Qualitätssicherung bis zur Risikobeurteilung reicht. Sie zielen darauf ab, den Strahlenschutz zu optimieren und so die Sicherheit der Patienten nicht nur zu gewährleisten, sondern auch zu verbessern.
- Verantwortung für die Dosimetrie und Optimierung: Zu den Tätigkeiten eines MPE gehört die Überwachung der Dosimetrie bei verschiedenen Verfahren, bei denen spezifische Protokolle zum Einsatz kommen. Das Ziel besteht darin, optimierte Parameter für alters-, gewichts- und fragestellungsbezogene Untersuchungen abzuleiten. Dahinter steht der Anspruch, eine gleichbleibende Bildqualität mit so geringen Strahlungsdosen wie möglich zu erreichen.
- Qualitätssicherung durch Abnahme- und Konstanzprüfungen: Vor der Inbetriebnahme von Geräten sind MPE an der Abnahmeprüfung zur Überwachung der Funktionssicherheit und der Bestimmung von Referenzwerten beteiligt. Deren Einhaltung und die laufende Systemperformance werden mittels Konstanzprüfungen überwacht.
- Kontrolle der Einhaltung von Referenzwerten: Das Bundesamt für Strahlenschutz ermittelt regelmäßig die diagnostischen Referenzwerte für Röntgenuntersuchungen sowie die digitale Volumentherapie (DVT) und die Mammographie. Die Überwachung zur Einhaltung der Werte fällt in den Verantwortungsbereich des MPE. In diesem Zusammenhang stößt er Optimierungsmaßnahmen an, wenn Medianwerte oder die Dosis in Einzelfällen signifikant über dem entsprechenden Referenzwert liegen. Dosismanagementsysteme spielen dabei eine wichtige Rolle, da sie Trendanalysen unterstützen und bei Überschreitung der Referenzwerte einen Alarm auslösen.
- Ereignismanagement: Kommt es zu einer unbeabsichtigten oder potenziell erhöhten Exposition gegenüber ionisierender Strahlung, ist der MPE (zusammen mit dem Strahlenschutzverantwortlichen) verantwortlich für die umgehende Durchführung einer Ursachenanalyse sowie die Überwachung der Dokumentation und die Einleitung von Korrektur- bzw. Präventionsmaßnahmen. Unter gewissen Umständen besteht die Pflicht zur Meldung des Vorfalls an die zuständige Behörde als bedeutsames Vorkommnis.
- Schulungen und Einweisungen: Die Pflichten des MPE erstrecken sich auch auf den Wissenstransfer und die Vermittlung der eigenen Expertise. Dazu unterweist der MPE die Anwender in den medizinischen Einrichtungen in den verschiedenen Protokollen und Dosisleistungen. Zudem ist er an der Auswahl von Geräten sowie der Einführung neuer Protokolle und Verfahren beteiligt.
Die für medizinische Einrichtungen obligatorische Hinzuziehung von MPE in der Praxis
Die gesetzlichen Regelungen des Strahlenschutzes verlangen von medizinischen Einrichtungen, in bestimmten Fällen einen MPE hinzuzuziehen. Allerdings kann es sein, dass sich die Vollzeitanstellung eines MPE nicht immer im Rahmen des wirtschaftlich Sinnvollen bewegt, zumal medizinische Einrichtungen auch mit anderen kostenintensiven Aspekten – wie beispielsweise der Anschaffung und Wartung moderner Geräte und Apparaturen – konfrontiert sind.
Grundsätzlich ist es möglich, die Pflicht der Beteiligung eines MPE auch auf Basis von Verträgen mit externen Dienstleistern wahrzunehmen, sofern dabei alle wichtigen Anforderungen erfüllt werden, wie zum Beispiel die zeitnahe Verfügbarkeit im Bedarfsfall. Daher erstrecken sich die Pflichten der Einrichtungen auch darauf, die Erreichbarkeit des MPE und dessen zeitnahe Verfügbarkeit sicherzustellen. Größere Einrichtungen mit mehreren angestellten MPE können die ständige Verfügbarkeit im Wege eines Schichtsystems realisieren.
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Qualifikationsanforderungen und notwendige Fachkunde des Medizinphysik-Experten (MPE)
Wichtige Fakten auf einen Blick:
- Die Tätigkeit als MPE setzt ein umfassendes naturwissenschaftliches Wissen voraus.
- Besonderer Wert wird in der Qualifizierung auch auf die praktische Befähigung gelegt.
- Die Fachkunde im Strahlenschutz muss alle fünf Jahre aktualisiert werden.
Radiologischen und nuklearmedizinischen Einrichtungen obliegen umfassende Pflichten im Hinblick auf den Einsatz von MPE gegenüber. Aber: Auch ein MPE hat gewisse Voraussetzungen zu erfüllen – allen voran die Qualifikationsanforderungen. Diese sind in der Richtlinie des Bundesumweltministeriums „Erforderliche Fachkunden im Strahlenschutz für Medizinphysik-Experten“ detailliert zusammengefasst.
Im Rahmen der Richtlinie werden der Ablauf des Fachkundeerwerbs und die diesbezüglichen Anforderungen näher ausgeführt. Eine fachliche Anforderung, die ein MPE erfüllen muss, ist die entsprechend umfangreiche Sachkunde, deren Basis im Rahmen eines Masterstudiums in Medizinischer Physik oder durch gleichwertige naturwissenschaftlich-technische Abschlüsse gelegt wird. Die zur Ausübung der Tätigkeit notwendige Expertise vermitteln die theoretischen (für die Fachgebiete sind laut der Richtlinie Grund- und Spezialkurse zu absolvieren) und praktischen Ausbildungsinhalte, die sich mit
- Strahlenphysik,
- Strahlenschutz,
- Dosimetrie und
- den jeweiligen Anwendungsgebieten
beschäftigen. Den Nachweis über die notwendige praktische Erfahrung führen MPE über Sachkundezeiten, in denen unter Anleitung ein umfassender Kompetenzkatalog abgearbeitet wird. Nach erfolgreicher Qualifikation und Erteilung der Erlaubnis zur eigenverantwortlichen Tätigkeit müssen MPE die Fachkunde im Strahlenschutz alle fünf Jahre durch die erfolgreiche Teilnahme an einem Fortbildungskurs auffrischen. Diese Verpflichtung trägt der Tatsache Rechnung, dass die kontinuierliche Weiterentwicklung im Bereich der Medizintechnik und neue regulatorische Anforderungen Einfluss auf die Tätigkeiten und Verantwortung der MPE haben.
Fazit: Medizinphysik-Experten (MPE) tragen große Verantwortung für die Patientensicherheit
Die Bezeichnung „Medizinphysik-Experte“ steht für eine umfassende Expertise im Strahlenschutz, der Dosisüberwachung und der Dokumentation. Um diese Tätigkeiten kompetent ausfüllen zu können, ist eine Ausbildung mit theoretischen und praktischen Inhalten erforderlich. Ein MPE muss darüber hinaus kontinuierlich auf dem Laufenden bleiben und seine Fachkenntnisse regelmäßig auffrischen. Medizinische Einrichtungen ziehen MPE aus verschiedenen Gründen hinzu, unter anderem zur Durchführung von Schulungen, der Überwachung der Dosimetrie und der Abnahme neuer Geräte. Der Strahlenschutz schreibt den medizinischen Einrichtungen die Zusammenarbeit mit einem MPE in vielen Fällen verbindlich vor.
FAQ Medizinphysik-Experten (MPE) & Strahlenschutz: Die wichtigsten Fragen und Antworten
Warum ist ionisierende Strahlung gefährlich?
Ionisierende Strahlung ist aufgrund ihrer hohen Energie in der Lage, im menschlichen Körper Schäden an der DNA zu verursachen. Solche DNA-Schäden lösen Zellmutationen aus, die als Risikofaktor für Krebs infrage kommen. Bei sehr hohen Strahlendosen besteht zudem die Gefahr akuter Strahlenschäden (Hautrötungen, Übelkeit oder schwere Organschäden).
Was ist der Unterschied zwischen dem MPE und einem Strahlenschutzbeauftragten?
Der MPE und der Strahlenschutzbeauftragte nehmen unterschiedliche Pflichten und Tätigkeiten im Bereich des Strahlenschutzes wahr. Der Strahlenschutzbeauftragte überwacht die Einhaltung der Strahlenschutzbestimmungen in der gesamten Einrichtung und ist für organisatorische Aspekte zuständig. Der MPE ist speziell für die physikalisch-technischen Aspekte der Strahlenanwendung verantwortlich, insbesondere die Dosimetrie und die Qualitätssicherung.
Kann ein MPE auch Diagnostikverfahren auswählen?
Das Spektrum an Pflichten von MPE erstreckt sich vorrangig auf die technischen Aspekte der Anwendung der verschiedenen strahlungsintensiven Verfahren. Konkrete Auswahlentscheidungen zur Klärung medizinischer Fragestellungen obliegen immer einem approbierten Arztes mit der entsprechenden radiologischen Fachkunde, die im Rahmen der Facharztausbildung für Radiologie erworben wurde.